Gaudi-Burschen, Gewerkschafter und Generäle

1. August 2011

Die heimische Spaßgesellschaft wird dieser Tage im Bann des Klagenfurter Beach Volleyball Turniers stehen. Ein Event, der nicht nur jugendliche Sportbegeisterte in seinen Bann zieht, sondern vor allem auch politische Adabeis und das – und das ist natürlich am bemerkenswertesten – viele Hunderttausend Euro Förderung aus öffentlichen Mitteln erhält. Dass junge Menschen sich den Spaß-Faktor Beach Volleyball geben ist keineswegs verwerflich. Dass Politiker die Veranstaltung nützen, um das Bad in der Menge jungendlicher potentieller Wähler zu nehmen ist ebenso legitim. Und wahrscheinlich ist es auch sinnvoll, die Veranstaltung zu fördern, da die Umweg-Rentabilität für den Kärntner Tourismus denn doch groß sein dürfte. Und der Veranstalter des Ganzen, der Herr Jagerhofer, ist indessen ja so etwas wie der Bernie Ecclestone der österreichischen Spaßgesellschaft geworden, dessen Zusage, das Beach Volleyball Turnier in Kärnten vorläufig zu halten, einiges Wert zu sein scheint. So ist den Kärntner Gaudi-Burschen und den Popowackelnden SpielerInnen also weiter die Präsenz am Wörthersee gesichert.

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Die Stunde der Gaudi-Burschen schlägt aber auch beim Villacher Kirchtag. Die gegenwärtig ablaufende Brauchtumswoche, mit dem Höhepunkt des großen Umzugs am Samstag, ist so etwas wie die Spitzenveranstaltung des volkstümelnden österreichischen Sommers. Während beim Klagenfurter Beach Volleyball Turnier knappe Shorts angesagt sind, haben in Villach Lederhose und Dirndl Hochkonjunktur.

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Als Gaudi-Bursch der anderen Art, der es geschafft habe, sich trotz des verregneten Julis einen Sonnenstich zuzuziehen, wurde Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler von seinen politischen Gegnern abgetan, als er die Auflösung der Gewerkschaften forderte. Nun hat Dörfler Recht wenn er meint, dass diese Gewerkschaften bisweilen wie ein Staat im Staate agiert haben und dass dieser private Verein in vielfacher Weise Macht ausübte und wohl auch Druck auf einzelne Arbeitnehmer die dem demokratischen Gefüge des Landes nicht sonderlich gut tut. Und er hat auch Recht, dass eine Doppel-Vertretung der Arbeitnehmer ein Überaufwand darstellt. Während aber sein Vorgänger Jörg Haider die Zwangsmitgliedschaft in den Kammern bekämpfte, gilt Dörflers Vorstoß einem Verein. Und einen solchen zu verbieten, ohne wirkliche rechtsstaatliche Handhabe, wäre naturgemäß bedenklich. Auch im Bereich der Wirtschaftstreibenden gibt es die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung, um eine ähnliche Doppelgleisigkeit zu nennen und niemand käme auf die Idee, die Industriellenvereinigung verbieten zu wollen. Dennoch zeigt die lautstarke Empörung der Genossen Gewerkschafter auf Dörflers Vorstoß, dass in deren Reihen ein schlechtes Gewissen vorherrscht. Spätestens seit der BAWAG-Affäre und dem Sturz des einst allmächtigen ÖGB-Bosses Verzetnitsch ist die Gewerkschaft ohnedies in einer Identitätskrise. Und ihr permanenter Abstieg bedarf eigentlich nicht der Rufe nach Verboten.

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Im internationalen Bereich wurde dieser Tage auch eine Gruppe bislang überaus mächtiger Herren demontiert. Die türkische Armeeführung nämlich. Geschlossen ist sie auf Druck des islamistischen Regierungschefs Erdogan zurück getreten, um neuen, der Regierung genehmen, Generalen Platz zu machen. Was dem Durchschnittsösterreicher als Maßnahme der Demokratisierung erscheinen mag, ist allerdings eine zweischneidige Sache. Eben diese Generalität nämlich war es, die seit Kemal Atatürk die laizistische anti-islamische und auf europäische Zivilisation hin ausgerichtete Linie des Landes garantierte. Sie wurde von Erdogan wohl kaum deshalb ausgewechselt, weil sie eine Gefahr für die Demokratie darstellte oder dergleichen, sondern weil sie ein Hemmschuh für die zunehmende Islamisierung des Landes bedeutete. Nun scheint Erdogans islamistische AKP freie Bahn zu haben. Ob das aber der Hinwendung des Landes nach Europa gut tun wird, ist eine ganz andere Frage. Zwar scheinen europäische Standards erfüllt zu werden, wenn man die Armee nicht als Staat im Staate akzeptiert, wer aber garantiert nunmehr den laizistischen Charakter des Landes, der wohl auch unabdingbar ist für eine Europäisierung der Türkei?