Vom Sieg der Anarchie

25. August 2022

Das Phänomen des weltweiten Netzes

Seit rund drei Jahrzehnten gibt es nun schon das Internet, das weltweite Netz. Und irgendwie erscheint dieses Netz wie eine unsichtbare Wolke, bestehend aus Daten, Informationen und Meinungen, aus verschriftlichten Fakten, aus bewegten und stehenden Bildern, die schlichtweg das gesamte Wissen der Menschheit insgesamt umfassen. Es ist so als lägen das kollektive Denken, Fühlen und Wissen der Menschheit insgesamt wie ein unsichtbarer Schleier über unserem Planeten, ein Schleier allerdings, in den jedermann sein Denken und Wissen einzuspeisen vermag und ebenso jedermann auch wieder abrufen kann. So etwas also wie ein globaler Speicher allen menschlichen Denkens und Wissens.
Die ungeheure Vielfalt aber, die sich in diesem weltweiten Netz manifestiert, hat etwas Anarchisches, etwas absolut Unkontrollierbares an sich. Vielen ist das Netz daher der letzte Raum der Freiheit, der Freiheit der Meinung, des Denkens und auch der Information. Allerdings lädt dieser anarchische Charakter des weltweiten Netzes natürlich auch zum Missbrauch ein. Das Netz ist jene Plattform, in der Verschwörung und Lüge, Diffamierungen und jede Form von Abartigkeiten transportierbar sind. Es muss nicht das Darknet sein, um Verbrecherisches und Abartiges abzurufen oder selbst einzuspeisen, es ist dies auch im ganz normalen Netz möglich und auch gang und gäbe.
Von der Pornographie, die sicher einen Hauptanteil im Internet ausmacht, bis hin zum Drogenhandel, zum Waffenhandel, bis zur Anleitung zum Bau von Bomben für Selbstmordattentäter, alles findet sich im weltweiten Netz. Auf der anderen Seite aber ist es möglich, jeden Wissensbereich der Menschheit recherchieren zu können und jede wissenschaftliche Information zu erlangen. Das absolut Böse und das Gute, Edle und Schöne finden sich im Netz also gleichermaßen und massenhaft. Es ist wie beim menschlichen Denken, das so unglaublich vielschichtig und vielfältig ist. Und wie das menschliche Denken sind die Inhalte des Netzes und dessen Mechanismen auch anarchisch.
In einer Zeit, in der Big Brother, der Staat oder geheime Kräfte im Hintergrund alles zu kontrollieren, alles zu lenken und zu manipulieren vermögen, in einer solchen Zeit ist dieses weltweite Netz aber auch ein Ort der Freiheit, der Kreativität und der individuellen Selbstentfaltung für jeden seiner Nutzer. Und es ist auch ein Ort, in dem sich jede Verschwörungstheorie, jegliches Halbwissen schrankenlos entfalten kann. Und das ist eine der großen Gefahren des Netzes, weil es scheinbare Realität, scheinbares Wissen transportiert, seinen Nutzern die vermeintliche Gewissheit vermittelt, die letztgültige Wahrheit zu erfahren.
Und natürlich ist dieses weltweite Netz auch jener Ort, in dem sich die menschliche Niedertracht schrankenlos entfaltet. Die augenblickliche und allzu rasche Verfügbarkeit des Netzes, und die Möglichkeit, sofort und ohne nachzudenken zu reagieren, fördern offenbar das, was gegenwärtig als „Hass im Netz“ heftig diskutiert wird. Und natürlich auch die Anonymität, die Möglichkeit, Niederträchtiges und Widerwärtiges abzusondern, ohne die eigene Identität preisgeben zu müssen. Nun sind Eigenschaften wie Hass, Neid, eben die Niedertracht, offenbar nicht zu übersehende Eigenschaften, die dem Menschen innewohnen. Sie zu beherrschen ist ein Gebot des sozialen Lebens und wird von den gesellschaftlichen Konventionen, aber auch vom Strafrecht gefordert. Anders ist dies allerdings im Netz, wo niemand die Sorge haben muss, bestraft oder zur Rechenschaft gezogen zu werden, wenn er derlei Verhaltensweisen anonym auslebt.
Und da setzen natürlich jene Forderungen an, die Regulierung, Kontrolle oder gar Zensur des Netzes verlangen. Gewiss sind Forderungen wie die Verpflichtung, sich mit Klarnamen hinter jedes Posting zu stellen, berechtigt. Und natürlich würde damit auch vieles von dem, was gegenwärtig als Hass im Netz abgesondert wird, unterbleiben. Aber allzu häufig haben die Forderungen nach Zensur des Internets auch einen anderen Hintergrund, nämlich jenen, unliebsame Meinungen zu unterdrücken und politisch korrekte Denkverbote durchzusetzen. Und da ist dann natürlich eine Güterabwägung notwendig, wobei man entscheiden muss was wichtiger ist: Die Möglichkeit, völlig frei seine Meinung zu äußern und auch zu diskutieren, oder die Vermeidung von Hass im Netz. In einer Welt, die von völliger Kontrolle und von zunehmender Reglementierung aller Lebensbereiche geprägt ist, spricht allerdings viel dafür, die negative Begleiterscheinung der anarchischen Freiheit im Netz, nämlich den Hass im Netz, den es immer wieder gibt, in Kauf zu nehmen.
Abgesehen davon aber gibt es einen weiteren Faktor, der im Zusammenhang mit dem weltweiten Netz und seiner Nutzung für Bedenken sorgen muss. Es sind dies jene Kräfte im Hintergrund, jene Konzerne, die die großen sozialen Medien betreiben. Welche Interessen haben Konzerne wie Google, Facebook und Twitter? Und was machen sie mit jener unglaublichen Fülle an Daten, die sie über ihre Plattformen von den Nutzern bekommen?
In diesem Zusammenhang muss man sich wohl die Frage stellen, ob die vermeintliche anarchische Freiheit im Netz nicht nur eine Tarnkappe ist für ökonomische, möglicherweise aber auch globale gesellschaftspolitische Interessen, die mittels Algorithmen und ähnlicher Mechanismen absolute Macht über die Menschen anstreben oder sogar schon ausüben.
Wenn man dies zu Ende denkt, könnte man zur Ansicht kommen, dass dieses unglaublich beeindruckende Phänomen des weltweiten Netzes, an dem zunehmend alle Menschen Anteil haben, als Nutzer und als Einspeiser, nicht so sehr ein Ort der Freiheit und ein Triumph der Anarchie ist, sondern die elektronische und digitale Strategie zur Beherrschung und Lenkung und Manipulation der Menschheit darstellt. Und da muss man sich dann fragen, welche Kräfte stehen im Hintergrund und beherrschen das Netz und was sind die Ziele dieser Kräfte. Gewiss, man soll sich hüten, auch diesbezüglich in Verschwörungstheorien abzugleiten, vielleicht sind es ja nur ökonomische Interessen und das Streben nach Gewinn und wirtschaftlichem Erfolg, die dahinterstehen. Anzunehmen ist aber wohl, dass es weitreichendere Interessen sind, die hier im Mittelpunkt stehen.
Dieses weltweite Netz ist also ein unglaublich beeindruckendes Phänomen. Eine virtuelle Welt, die wie gesagt alles menschliche Wissen, Denken und Fühlen im Guten wie im Bösen umfasst und solcherart von jedermann, der über die Zugangsgeräte, die dazu notwendig sind verfügt, nutzbar ist. Und dieses weltweite Netz ist, wie ausgeführt Ein Ort der Freiheit im Guten wie im Bösen aber es bietet auch ultimative Möglichkeiten, die Menschen zu manipulieren und damit auch zu versklaven – das darf man nicht vergessen!


Wie peinlich darf Politik sein?

17. Dezember 2013

Wir haben eine Regierung – und was für eine: Nachdem wir schon jahrelang den Drang zum absoluten Mittelmaß erlebt haben, wird dies nun noch durch geradezu groteske Elemente angereichert. Gewiß, die beiden absolut charisma-freien Langeweiler, Spindelegger und Faymann, sind wir schon gewohnt. Daß wir nun aber auch noch einen Studienanfänger als Außenminister haben, schmerzt denn doch ein wenig.
Der Vergleich mit unseren bundesdeutschen Nachbarn macht dies umso deutlicher: Dort wird der Routinier und beinharte Außenpolitikprofi Steinmeier Chef des Auswärtigen Amts. Ein Mann, der zweifellos Gehör finden wird in den internationalen Verhandlungen der kommenden Jahre. Bei uns ist das der Herr Kurz, von dem man mit seinen 27 Jahren nicht einmal weiß, welches Studium er vor seinem Amtsantritt als Staatssekretär vor mehreren Jahren begonnen hat, ob er über irgendwelche Fremdsprachenkenntnisse und ob sein außenpolitischer Horizont über das heiter Hauptstadt-Raten hinausgeht. Aber, ein lieber Bub ist er und so fesch …
Daß eben derselbe Herr Kurz in den Umfragen angeblich gut dasteht, sagt nur aus, wie fragwürdig das Gewerbe des Demoskopen ist oder wie dumm die Leut’ sind. Offenbar haben sie genau die Regierung, die sie verdienen. Aber bitte, seinerzeit in der guten alten Zeit der Monarchie hatten wir das ja auch. Kaiser Franz Joseph war ein 18jähriger Rotzbub, als er auf den Thron kam, und Napoleon gute 20, als er General wurde. Warum also nicht auch der Herr Kurz?
Erstens einmal – Spaß ohne – weil er keinerlei Gottesgnadentum für sich in Anspruch nehmen kann wie der alte Habsburger und zweitens, weil bisher niemand auf die Idee kam, ihm Genialität nachzusagen, wie seinerzeit dem Korsen. Können, Wissen, Routine, Erfahrung, Weltläufigkeit, all das ist ihm sicher nicht im überhohen Maße zu eigen. Warum also wurde Kurz Außenminister? Nun, einzig und allein deshalb, weil seine Partei glaubte, einen personalpolitischen Geck setzen zu müssen, sich einen medial verhätschelten Hoffnungsträger zu halten. Einen Hoffnungsträger, den man, nebenbei gesagt, langfristig zum Opfer macht. Denn was wird denn der Herr Kurz in zehn Jahren sein? Noch immer Außenminister oder Konsulent bei der Gazprom oder Landesjägermeister von Niederösterreich? Wahrscheinlich weder noch. Mit Sicherheit ein ausgebrannter Mann mittleren Alters, der den Höhepunkt seines Karrierelebens bereits lange hinter sich hat. Aber vielleicht kommt er dann dazu seine begonnen Studien fortzusetzen.
Ironie beiseite: Juvenilitätswahn der 68er-Generation sollten wir hinter uns haben. Und wenn schon das absolute Mittelmaß regiert, dann zumindest einigermaßen seriöse Menschen mit ein wenig Fachwissen. Wenn die ganze Demokratie Bühne für C-Promis, Korruptionisten in spe und Stehsatz-Repetitoren ist, dann kann man vielleicht gleich zur Monarchie zurückkehren, die war zumindest farbenprächtiger – oder auch zur Anarchie.