EU – Nützliche Idioten der USA

10. September 2013

Auf dem G-20-Gipfel in Moskau war es, wo man den EU-Außenministern „die Wadln firi gerichtet“ hat. Offenbar sind ihnen dabei schier unwiderlegbare Beweise vorgelegt worden, dass das Assad-Regime in Syrien gegen die eigene Bevölkerung mit Giftgas vorgegangen sei. Und nicht nur die kriegswütigen Franzosen, sondern auch die ursprünglich skeptischen Deutschen und Italiener haben sich nun dazu entschlossen eine „entschiedene Antwort“, sprich also einen Militärschlag gegen Syrien zu befürworten. Den Briten allerdings wurde dies durch ein Votum des englischen Parlaments verboten und selbst die Weltpolizisten aus den USA müssen zuerst versuchen, das Repräsentantenhaus in Washington zu einer Zustimmung zu bringen.

Ganz gleich aber was die Amerikaner machen werden beschämend ist wieder einmal die Rolle der Europäer: Es gibt zum einen keinerlei Einigkeit und zum anderen die Sonderwege der Franzosen und der Briten, die noch immer Weltmacht zu spielen belieben. Vor allem der französische Sozialist Hollande hofft, seine niedrigen Popularitätswerte mit einer forschen Militäraktion der Fremdenlegion heben zu können. Die Innenpolitik ist also wieder einmal Pate außenpolitischer Husarenstücke. Aber auch das Zögern der deutschen Kanzlerin Angela Merkel dürfte solche innenpolitischen Hintergründe haben. Zwei Wochen vor der Bundestagswahl will sie offenbar einen wenig populären Militäreinsatz nicht gegenüber ihren Wählern verantworten müssen.

Dies ist nur zu verständlich, haben doch die Menschen weltweit parallel zur Situation in Syrien die Lage in Ägypten vor Augen und das was sich in Libyen tut. Überall dort hat man den Umsturz zugelassen, in Libyen hat man ihn sogar herbeigebombt, um die bösen Diktatoren Mubarak und Gaddafi loszuwerden. Und was ist dann gekommen? Die Moslembrüder, Chaos, Stammesfehden, blutige Gewalttaten und ähnliches mehr. Auch in Syrien weiß man natürlich ganz genau, dass die Alternative zu Assad nicht eine Demokratie nach westlichem Muster, sondern ein ethnisch-religiöser Dauer-Bürgerkrieg ist. Warum die Amerikaner Assad wegbomben wollen ist klar: Hier gilt es einen starken Verbündeten des iranischen Mullah-Regimes auszuschalten. Welches Interesse aber die Europäer daran haben sollen, ist höchst unklar. Weder politisch noch wirtschaftlich wird ihnen eine Vernichtung des Assad-Regimes etwas bringen. Sie sind wieder einmal nur die Schleppenträger der Amerikaner die sich – wenn schon nicht militärisch so zumindest finanziell – dazu hergeben, das US-amerikanische Vorgehen zu decken und den Eindruck zu vermitteln, die „westliche Wertegemeinschaft“ – was auch immer das sei – kämpfe hier im Nahen Osten für Menschenrechte, Freiheit und Demokratie. Gerade diesbezüglich aber darf man darauf wetten, dass eben diese Menschenrechte, eben diese Freiheit und eben diese Demokratie auch mit einem Abgang Assads in Syrien nicht kommen werden.


Unruhen in Ägypten beweisen, dass auf Revolutionen nicht notwendig Demokratie folgt

24. November 2011

Die Erwartungen des Westens und damit auch die Europas, dass sich nach dem Sturz des Langzeitmachthabers Mubarak alles zum Positiven wenden wird, sind unrealistisch und naiv gewesen. Vor allem hat man sich der Illusion hingegeben, man könne demokratische Systeme, wie sie in Europa üblich sind, eins zu eins auf arabische Länder übertragen. Die momentanen Unruhen in Ägypten haben uns aber eines besseren belehrt.
Was die weitere Entwicklung in Ägypten und anderen arabischen Umbruchstaaten betrifft, so ist mit der Herausbildung neuer autoritärer Systeme zu rechnen. Gerade das Beispiel Ägyptens zeigt, wie groß die Versuchung für das Militär ist, nach der Macht im Staate zu greifen und sich diese zu behalten. Und die jüngsten Unruhen beweisen auch, dass Ägypten und anderen Ländern in der Region weiterhin wieder einmal unruhige Zeiten bevorstehen.
Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass nach dem Wahlsieg der tunesischen Ennahda-Partei und dem zu erwartenden Erfolg der Moslembrüder bei der Parlamentswahl in Ägypten in der kommenden Woche in Nordafrika mit einer Islamisierungswelle zu rechnen ist. Zwar steht momentan noch nicht fest, ob die Wahl in Ägypten aufgrund der Unruhen wirklich stattfinden wird, doch auch wenn sie verschoben wird, wird das am Ergebnis wohl nicht viel ändern. Das Gesicht der arabischen Staaten Nordafrikas wird sich verändern, aber nicht so, wie man es in Brüssel und in den europäischen Staatskanzleien erwartet hat. Deshalb muss die EU dringend eine Strategie entwickeln, wie sie mit islamistischen Regimen in ihrer südlichen Nachbarschaft umgeht.


Ohnmächtiges Europa

28. Februar 2011

Die nordafrikanische Mittelmeerküste, das ist unmittelbare europäische Nachbarschaft und dort brennt es gegenwärtig. Die Explosionen, die da hochgegangen sind, zuerst in Tunesien, dann in Ägypten, nunmehr in Libyen, haben ihre Hitzewellen längst nach Europa geschickt. Zehntausende Flüchtlinge sind bereits gekommen, Hunderttausende stehen Gewehr bei Fuß. Der Brand droht also überzugreifen. Und in Europa diskutiert man, ob man die Feuerwehr einberufen soll, ob es nicht viel zu früh wäre, den Befehl „Wasser marsch“ zu geben und ob es überhaupt legitim wäre, die Löschfahrzeuge ausrücken zu lassen.

Solche Vergleiche mögen hinken, Tatsache ist jedenfalls, dass sich Europa angesichts der krisenhaften Entwicklung in Nordafrika und der schweren Kämpfe in Libyen wieder einmal als ohnmächtig erweist. Allzu zaghaft hat man zuerst einmal zugewartet, was passiert, um schließlich halbherzig abtretende Diktatoren zu verurteilen, mit denen man sich allzu lange arrangiert hat. Alle Welt, insbesondere auch die Europäer, waren mit Herrn Mubarak verhabert, der ja als absolut akzeptabler politischer Partner galt – nicht zuletzt im Hinblick auf den Nahost-Friedensprozess. Die Franzosen haben sich mit dem tunesischen Diktator vielfach ins Bett gelegt und insbesondere Italiener, aber auch wir Österreicher, waren mit den Libyern gut Freund. Gaddafis Konten dürften quer durch Europa und natürlich auch in den USA unter den diversen Namen gestreut sein und er selbst war mehrfach schlagzeilenträchtiger Gast in den europäischen Hauptstädten. Zuletzt erst schlug er sein Zelt in der ewigen Stadt Rom auf, um vor Berlusconi-affinen jungen Damen über den Islam zu plaudern.

Angesichts so intensiver Kameraderie ist es ja gerade verständlich, dass man sich nur langsam und bislang auch halbherzig dazu durchringen konnte, die Stimme gegen Gaddafi zu erheben. Nun da er Tausende in den Tod schickt, sein Land in Blut und Chaos versinken lässt, fällt den Europäern auch nicht mehr ein als die Drohung, seine Konten einfrieren zu lassen. Sanktionen gegen den Diktator oder gar militärisches Eingreifen, dazu sind die Europäer viel zu ängstlich.

Und für die Zukunft weiß man noch immer nicht, wie man sich gegenüber derlei Diktatoren verhalten soll. Und in Libyen heißt es, die US-Amerikaner – und da wird Brüssel dann nicht weit sein – erwägen die arabischen Könige in den Golfstaaten und insbesondere in Saudi-Arabien massiv zu stützen. Ganz so, als wären dieselben nicht ebenso antidemokratische und hoch korrupte Diktatoren. Man hat also offenbar nichts dazugelernt. Man legt sich mit den Autokraten ins politische Bett, um dann, wenn das Volk aufsteht, schwer überrascht zu sein und hilflos den revolutionären Ereignissen zuzusehen.

Insgesamt zeigt dies einmal mehr, wie ohnmächtig Europa nach außen hin ist. Allenfalls ist man bereit und fähig, als Zahler für alle Welt nunmehr auch für die nordafrikanischen Revolutionsstaaten einzuspringen, viel zu spät und viel zu halbherzig versucht man mit Milliardenzahlungen kommende Flüchtlingsströme abzuwenden, eine wirklich entschiedene Politik zur Durchsetzung europäischer Interessen und zur Unterstützung der betroffenen Völker bringt man jedoch nicht zustande.

Und einmal mehr erweist sich also, dass die Europäische Union ein merkwürdiges Gebilde ist, das zwar nach innen hin, gegenüber den Mitgliedsstaaten und den eigenen Bürgern, zunehmend paternalistisch, zentralistisch und intolerant agiert, das nach außen hin aber ein kraftloser Eunuch ist, unfähig zu entschlossenem Handeln, ignoriert von den wirklich starken Mächten und verachtet von den außereuropäischen Völkern. Ein wirklich trauriger Befund.


…die im Dunkeln sieht man nicht

14. Februar 2011

Revolutionen und wer – mutmaßlich – dahinter steht

Die Französische Revolution, die Urmutter aller europäischen Revolutionen, ist ein Ereignis über das es bis heute kein einheitliches Geschichtsbild gibt. Den einen ist sie der Quell von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, den anderen der große Startschuss einer masonischen Weltverschwörung, die Gleichmacherei und das Ende des Göttlichen eingeleitet hat. Wer dahinter steht, ob es wirklich eine großangelegte Konspiration der Freimaurerlogen war, welche diese Revolution auslöste und steuerte, oder ob es eben bloß die in den Massenmord abgleitende Revolte des Dritten Stands gegen das alte französische Feudalsystem war? Was weiß man. Man kennt die Akteure, Danton, Maret etwa oder Robespierre. Wir wissen vom Treiben der Jakobiner und vom Terror des Wohlfahrtsausschusses. Wir kennen die Berichte über die Mordlust des Mobs und dessen Begeisterung über die Effizienz der Tötungsmaschine des Doktor Guillotine. In welchen Zirkeln aber diese Revolution im Geheimen konzipiert wurde, das können wir uns nur aus der Lektüre der Romane von Alexandre Dumas ausmalen. Aber nehmen wir einmal getrost an, es wären die Freimaurerlogen gewesen. Dann haben wir zumindest eine greifbare Kraft als Motor der revolutionären Veränderung, als Triebfeder für die Abschaffung des Christentums, des Feudalsystems, des Adels und der Monarchie und für die Ausrottung der gesamten aristokratischen Oberschicht und aller kritischen Geister.

Schreiten wir voran in der europäischen Geschichte: Sechs Jahrzehnte später bringt das Sturmjahr 1848 Revolutionen quer durch Europa. Ausgehend von Frankreich, übergreifend auf Italien, auch auf Deutschland zwischen Berlin und Wien. Eine Revolution zwar, der die mörderische Energie der Pariser Ereignisse ein Menschenalter zuvor fehlt, die aber dafür klar an einem Stand, am Bürgertum eben, festzumachen ist. Eine Revolution, die geradezu bieder Verfassungsstaat, Republik und Rechtsstaat zum Ziel erkoren hat. Wir können in Hinblick auf 1848 den einmaligen Vorzug genießen, den politischen Umsturz am Beispiel des eigenen Landes analysieren zu können: Also fragen wir uns: Wer stand hinter den Wiener Ereignissen des Frühjahrs 1848? Gewiss, auch in unserem Fall kennen wir die Akteure, wir kennen die Köpfe der akademischen Legion, wir wissen um das Wirken Erzherzog Johanns als Reichsverweser in der Frankfurter Paulskirche und das der verschiedenen Paulskirchen-Abgeordneten. Wir wissen, was Adolf Fischhof bewirkte und Wenzel Messerhauser. Wir kennen die Geschichte um die Füsilierung Robert Blums und viele andere Details.

Wer aber stand hinter den Ereignissen, wer war die treibende Kraft. Waren es wirklich jene aus Deutschland nach und nach eingesickerten Krypto-Burschenschaftler die sich dann – idealistische Jünglinge – in der Wiener Akademischen Legion sammelten? War es insgesamt jene politische Bewegung, die aus der Ur-Burschenschaft hervor wuchs, kenntlich gemacht beim Hambacher Fest und dem Frankfurter Wachensturm, die hinter der deutschen bürgerlichen Revolution standen? Waren es die sogenannten Demagogen, jene romantischen und idealistischen Professoren, die an den deutschen Hochschulen über Freiheit und Einheit philosophierten, inspiriert von Herder, Fichte und Arndt, die die Väter der 48-er Revolution waren? Wir können es nur vermuten, bzw. im geistesgeschichtlichen Bereich Kausalitäten herausarbeiten. Eine Verschwörung im eigentlichen organisatorischen Sinne wird man dabei wohl kaum nachweisen können.

Doch schreiten wir weiter in der europäischen Geschichte voran: In die Jahre 1917 bis 1919, also rund um das Ende des Ersten Weltkrieges, als nach dem Zusammenbruch der europäischen Kaiserreiche die roten Revolutionen ausbrachen. Nach den Theorien von Marx und Engels hätte die kommunistische Revolution bekanntlich in Deutschland stattfinden müssen oder in einem anderen hochindustrialisierten europäischen Land, in dem der Kapitalismus sich durch das zwangsläufige Anwachsen des Proletariats selbst auszuhebeln gehabt hätte. Stattgefunden hat die kommunistische Revolution im eigentlichen Sinne allerdings dann im zaristischen Russland, das ein unterentwickelter, feudaler Agrarstaat war. Die relativ gemäßigten Menschewiki wurden nach der ersten Phase der Revolution von den radikalen Bolschewiki des Wladimir Uljanow / Lenin hinweggefegt. Und es war zweifelsfrei die deutsche Heeresleitung unter Ludendorff und Hindenburg, welche Lenin mittels Reichsbahn im plombierten Wagon von der Schweiz quer durch Deutschland nach St. Petersburg schaffte.

Deswegen ist allerdings noch niemand auf die Idee gekommen, die russische Oktoberrevolution auf eine Verschwörung des preußisch-deutschen Generalstabs zurückzuführen. Dafür aber wurde und wird im einschlägigen Kreise der Verschwörungstheoretiker viel von den Weisen von Zion gemunkelt und vom zweifellos vorhandenen starken jüdischen Anteil an der Oktoberrevolution. Man denke nur an Trotzky, der zuvor unter seinem bürgerlichen Namen Bronstein sein Exil in den Wiener Kaffeehäusern verbrachte. Es mag nun NS-Argumentation sein, wonach die bolschewistische Revolution eine jüdische gewesen sei und daher die sogenannte nationale Revolution in Deutschland sich zentral auch gegen das Judentum zu richten habe, bis hin zum industriell organisierten Genozid am europäischen Judentum. Realität ist jedenfalls, dass rote Revolutionsherde, die dem Vorbild der russischen Oktoberrevolution nacheiferten, sei es nun jener in Budapest des Béla Kun oder jener in München der Räte-Republikaner um Kurt Eisler, auch in einem gewissen Maße jüdische Mitstreiter zu verzeichnen hatten. Was wiederum die Obsessionen der nationalen Revolutionäre, genährt durch den quer durch Europa zur psychischen Massenseuche gewordenen Antisemitismus, stärkte. Obskure Machwerke wie die legendären „Protokolle der Weisen von Zion“ schufen jedenfalls vermeintliche Realitäten, welche in den Köpfen der Veränderungsverlierer nach dem Ende des Ersten Weltkriegs das manichäische Weltbild der durch eine jüdisch-bolschewistische Weltverschwörung bedrohten europäische Völker schuf.

Doch auch die nationale Revolution, im Wesentlichen der Aufstand der geschlagenen Offiziere und der absteigenden Eliten des alten Regimes, verkörpert in den Freicorps und anderen Heimkehrer-Verbänden, hat angeblich Hintergründe, über die man nur mutmaßen kann. Wer oder was war denn jene Thule-Gesellschaft, die angeblich hinter der Gründung der Hitler-Partei stand? Waren die altösterreichischen Kirchenväter des Hitler‘schen Antisemitismus, etwa ein Lanz von Liebenfels wirklich nur Narren und Obskuranten, oder gab es ein konspiratives Netzwerk, welches später den Aufstieg des Nationalsozialismus und den sektoiden Hintergrund von Himmlers Schutzstaffel bestimmte? Auch in diesem Falle gibt es ebenso viele Verschwörungstheorien wie mehr oder minder stichhaltige Mutmaßungen.

Doch weiter im Verlauf der europäischen Geschichte. Ein Menschenalter nach den Ereignissen von 1917 fegt eine Revolution den Kommunismus quer durch Osteuropa hinweg. Der osteuropäische Völkerfrühling des Jahres 1989 lässt den real existierenden Sozialismus des Sowjetregimes zusammenbrechen. „Wir sind das Volk“ skandieren die demonstrierenden DDR-Bürger zuerst, um schließlich in den Ruf „wir sind ein Volk“ überzugehen. Und die Völker sind es zwischen Baltikum und Balkan, die innerhalb weniger Monate den Warschauer Pakt zerbrechen lassen, aber auch die Sowjetunion. Polen, Esten, Letten und Litauer, Ukrainer, Tschechen und Slowaken, Ungarn, Rumänen, Bulgaren, sie alle demonstrieren für ihre nationale Identität und für ihre nationalstaatliche Souveränität. Doch wer stand dahinter?

Es heißt Ronald Reagans Strategie des Totrüstens der Sowjetunion durch einen gnadenlosen Rüstungswettlauf und Carol Woytilas moralische Unterstützung für die katholischen Polen seien der Ausgangspunkt für den Zusammenbruch des Sowjet-Kommunismus gewesen. Dennoch wäre es natürlich ein Unsinn davon zu sprechen, dass die osteuropäische Revolution von 1989 aufgrund einer US-kapitalistischen-katholischen Verschwörung zustande gekommen wäre. Es mag zwar sein, dass die polnische Solidarnosc-Bewegung von Papst Johannes Paul II inspiriert war. Und zweifelsohne dürften westliche Geheimdienste, allen voran der CIA, hinter den Kulissen der aufständischen osteuropäischen Metropolen manchen Faden gezogen haben. Insgesamt aber waren es zweifellos die Völker Osteuropas, deren spontane Erhebung durch den gleichzeitigen sozioökonomischen Zusammenbruch des Sowjetkommunismus Erfolg haben konnte. Wieweit Glasnost und Perestroika durch die konspirative Tätigkeit westlicher Geheimdienste, oder gar des sowjetischen KGB selbst möglich wurden, kann man nur vermuten. Einer, der heute nahezu ein Viertel-Jahrhundert danach vielleicht darüber Auskunft geben könnte, ist der gegenwärtige starke Mann Russlands Wladimir Putin als ehemaliger hochrangiger KGB-Offizier.

Doch nun zur aktuellen Revolution in der arabischen Welt – wenn es denn überhaupt zu einer solchen wird. Längst ist nämlich nicht gesagt, dass der tunesische Umsturz und die Dauer-Demonstrationen in Ägypten gegen Mubarak wirklich zu einem Flächenbrand in der arabischen Welt führen. Möglicherweise bleibt es bei einem revolutionären Aufflackern zwischen Riad und Damaskus, zwischen Algerien und dem Jemen. Ob die korrupten, zweifellos unfähigen, dafür aber klar westlich orientierten Monarchien auf der arabischen Halbinsel, in Jordanien oder in Marokko überleben, ist ungewiss. Vorläufig deutet nichts wirklich darauf hin, dass ihr Sturz unmittelbar bevorstünde. Und die sich selbst als revolutionär definierenden Regime in Syrien, in Libyen oder gar im Iran scheinen durchaus in der Lage zu sein, oppositionelle Bestrebungen bereits im Keim zu ersticken.

Doch widmen wir uns den Hintergründen dieser arabischen Revolten: Wer hat sie konzipiert, wer zieht die Fäden? Diesmal kann man weder irgendwelche Freimaurer, noch die Weisen von Zion, geschweige denn die Jesuiten oder westliche Geheimdienste verdächtigen. Den israelischen Mossad schon gar nicht, da speziell die ägyptischen Ereignisse diametral gegen die Interessen Israels laufen. Wenn es so etwas wie Drahtzieher hinter den arabischen Revolten gibt, dann ist es das Internet, Twitter und Facebook. Ironisch könnte man anmerken, dass es die Revolution des jüdischen US-Amerikaners Zuckerberg ist, der bekanntlich Facebook gegründet hat.

Bereits die oppositionellen Regungen der vergangenen Jahre im Iran konnten sich nur durch die neuen elektronischen Kommunikationswege entwickeln. Vollends scheint dies nunmehr in der arabischen Welt der Fall zu sein, wo trotz autoritärer Regime, trotz mangelnder Demokratie und des Fehlens einer freien Medienlandschaft die neuen Kommunikationstechniken über das Internet schlicht und einfach nicht verbietbar sind. Das könnte aber auch so etwas wie die Schwäche dieser arabischen Revolte sein: Das Internet mit Facebook und Twitter sind eben nur Medien ohne Inhalt und ohne Ideologie, ohne gesellschaftliches Substrat. Über sie kann man einen Aufstand vielleicht organisieren, sie bieten einem solchen aber weder ein politisches Ziel, noch eine inhaltlich-ideologische Ausrichtung.

Man wird sehen, ob Kräfte im Hintergrund, wie etwa die Moslembruderschaft in der Lage sein werden, sich der über das Internet organisierten Revolte für eigene revolutionäre Zwecke, zu bedienen. In Ägypten war es bisher ja nicht mehr als eine lang anhaltende Massendemonstration, die in erster Linie das alte Regime beseitigt wissen will und zum Abgang des Langzeit-Diktators führten. Und überaus vage von Demokratie, Freiheit und Wohlstand spricht. Dass dies weder so etwas wie eine bürgerliche Revolution, noch eine proletarische Revolution ist, nach der sich die entsprechende Klasse dann in den Besitz der Macht bringen könnte, weiß man. Ob es so etwas wie ein arabischer Völkerfrühling sein wird, der hier begonnen hat, eine Freiheitsbewegung für die arabische und dann vielleicht für die gesamte islamische Welt, bleibt abzuwarten. Möglich wäre es!


All zu schneller Jubel über den Umsturz in Ägypten – Kommen nach der Militär-Übergangsregierung die Moslembrüder?

12. Februar 2011

Der allgemeine Jubel und die europäischen Reaktionen über die vermeintliche Demokratisierung Ägyptens, nach dem Rücktritt des ägyptischen Diktators Hosni Mubarak, könnte möglicherweise etwas zu vorschnell sein.
Wenn wieder einmal das Militär im volkreichsten Land des arabischen
Raumes die Macht übernommen habe, müsse dies keineswegs bedeuten,
dass bald demokratische Wahlen zu erwarten seien und selbst wenn es zu solchen käme, könnten die westlichen Jubelperser übersehen, dass damit die Chance für die Machtübernahme der Moslembruderschaft relativ hoch wäre.

Was dies aber für die Stabilität im Nahen Osten insgesamt und auch für die Sicherheit Israels bedeuten würde, müsse allen klar sein. Daher gehe es für die europäische Seite nunmehr darum, vom politisch korrekten Bejubeln einer nach wie vor nicht vorhandenen Demokratie abzusehen und den Ägyptern klare Hilfestellungen beim Aufbau rechtsstaatlicher Strukturen einer freie Marktwirtschaft und einer pluralistischen Gesellschaft anzubieten.

Man darf also gespannt sein, wie es nun weiter gehen wird!


Ereignisse in Ägypten zeigen das Versagen der EU-Außenpolitik

7. Februar 2011

Die Ereignisse in Ägypten zeigten der Welt ein weiteres Mal eindrucksvoll, wie bedeutungslos die Außenpolitik der Europäischen Union ist. Zuerst hüllt sich die britische Baronin Catherine Ashton, die den klingenden Titel der „Hohen Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik“ trägt, in vornehmes Schweigen. Und dann, nachdem die USA auf eine Position festgelegt haben, folgt die Europäische Union Washington. Was wieder einmal deutlich zeigt, dass die EU der Übermacht USA auf keinen Fall gleichgestellt ist wie sie es immer beteuert. Die oft versprochene eigenständige europäische Außenpolitik sieht wahrlich anders aus. Die Außenpolitik der EU streckt sich nach der Decke und weht wie Getreidehalme im Wind, immer in die selbe Richtung wie die USA.
Insbesondere ist es für die Europäische Union zu wenig, in offiziellen Stellungnahmen die Gewalt „aufs Schärfste“ zu verurteilen und freie und faire Wahlen zu verlangen. Das sind die üblichen diplomatischen Platitüden, die unterm Strich gesehen nichts aussagen und keine Meinung darstellen. Allein die Aussage Gewalt zu verurteilen, stiftet nämlich noch lange keinen Frieden.

Wichtiger wäre es,dass sich Brüssel aktiv in den Transformationsprozess in Ägypten einbringt und als ehrlicher Makler zwischen den Parteien auftritt. Und ehrlicher Makler zu sein bedeutet auch, dass nicht versucht wird, Ägypten ein bestimmtes Modell der Demokratie überzustülpen. Vielmehr muss den Ägyptern sowie den anderen Völkern in der Region Respekt entgegengebracht werden, damit sie ihren eigenen Weg zur Demokratie finden.


Arabischer Völkerfrühling?

3. Februar 2011

Zweckoptimisten und mediale Schönredner des Weltgeschehens sehen schon so etwas wie einen arabischen Völkerfrühling heraufdämmern. Angesichts der Ereignisse in Tunesien und nun in Ägypten erwarten sie einen Flächenbrand in der arabischen Welt, der die diversen Diktaturen, Despotien und im besten Falle Halbdemokratien hinweg fegt, um neue pluralistische und demokratische Gesellschaften entstehen zu lassen. Nicht das iranische Modell mit der Machtübernahme muslimischer Fundamentalisten, sondern das türkische Modell mit einem demokratisch eingebundenen und vorgeblich gemäßigten Islamismus werde sich durchsetzen. Und darüber hinaus könne man erwarten, dass das, was die Arabische Liga in Jahrzehnten von oben nicht geschafft hat, nämlich die Etablierung einer arabischen Staatengemeinschaft, sich nun in einer gesamtarabischen, demokratischen Revolution durchsetzen werde.

So weit so schön und wünschenswert, von den Realitäten aber doch ziemlich entfernt. Für die Etablierung demokratischer und pluralistischer Systeme, wie wir sie etwa in Europa kennen, bedarf es nämlich strukturierter, politischer Landschaften und konkreter demokratisch orientierter, politsicher Bewegungen. Und wo gibt es solche wirklich in der arabischen Welt? Keineswegs zufällig haben sich sowohl in Tunesien als auch in Ägypten kaum politische Köpfe und klar umrissene politische Bewegungen in den Tagen der revolutionären Umwälzungen durchsetzen können. Internet, Facebook und Twitter mögen neue Kommunikationsschienen eröffnen, um Massenproteste zu organisieren. Demokratische Parteien oder zumindest klar umrissene politische Bewegungen vermögen sie aber keineswegs zu ersetzen.

Das was neben den jeweiligen Staatsparteien und ihren mehr oder weniger despotischen Führern in den arabischen Staaten Nordafrikas und in den arabischen Königreichen von Saudi-Arabien über Jordanien bis nach Marokko erkennbar ist, sind allenfalls mehr oder minder fundamentalistische islamische Bewegungen, wie im Falle Ägyptens die Moslem-Bruderschaft. Es mag zwar sein, dass auch diese von den mittels Facebook und Twitter motivierten Massendemonstrationen auf den Straßen überrascht wurden, es liegt aber in der Natur der Dinge, dass sie mit fortschreitendem Umsturz die Gunst der Stunde zu nützen versuchen werden. Und damit könnte sich nach einer in Ansätzen demokratischen Zwischenphase dieser revolutionären Umwälzungen denn doch das Iranische Modell durchsetzen. So wie bei Wahlen im Gaza-Streifen und im Libanon könnten sich in einem Großteil der arabischen Staaten die radikalen Kräfte, die fundamentalistischen Moslems als Nutznießner des Umsturzes erweisen. Sie sind die einzigen, die neben den gestürzten Staatsparteien der alten langgedienten Diktatoren über Organisation, politische Strukturen und klare ideologische Ziele verfügen. Ihre erklärte Absicht ist es, islamische Gottesstaaten zu errichten.

Eine Horrorvorstellung für den Westen, nicht nur für die US-Amerikaner, auch für die EU-Europäer. Solche Gottesstaaten und das wissen wir spätestens seit der Errichtung des Mullah-Regimes im Iran, sind natürlich um nichts demokratischer als die bisherigen pro-westlichen Diktaturen. Sie sind vielleicht weniger korrupt aber sie werden zweifellos in strikter Gegnerschaft gegenüber dem Westen und zwar eben auch gegenüber den Europäern ihre Politik gestalten. Dass damit der kalte Frieden im Nah-Ost-Konflikt, der ja eher ein Waffenstillstand zwischen Israel und der arabischen Welt war, wieder in eine heiße Phase der Auseinandersetzung übergehen würde, steht auch außer Zweifel. Und dass es damit zu einer weiteren Radikalisierung auch des Zuwanderungs-Islams in Europa käme, ist auch anzunehmen.

Was also könnten die Europäer tun, um den Veränderungsprozess in der arabischen Welt so zu beeinflussen, dass es zu einer solchen verhängnisvollen Entwicklung nicht kommen kann. Ratlosigkeit herrscht gegenwärtig ja in Brüssel und in den europäischen Staatskanzleien vor. Soll man den pro-westlichen Mubarak zumindest verbal noch unterstützen oder voll auf die demonstrierenden Volksmassen setzen? Wer wie die Europäer ständig von Demokratie und Freiheit spricht, kann auf Dauer schwer auf Diktaturen setzen, das steht außer Zweifel. Und auf die Moslem-Brüder noch viel weniger. Da bleibt dann also nur noch strikte Nichteinmischung oder – und das wäre vielleicht eine interessante Denkvariante –beim Aufbau demokratischer, pluralistischer Polit-Strukturen behilflich zu sein.

So wie sich nach 1989 die ehemaligen kommunistischen Parteien Osteuropas mit westlicher Hilfe in sozialdemokratische Bewegungen umwandelten, so wie konservative Parteien ihre Schwesterbewegungen im Osten unterstützen, so wie Liberale und Grüne neue Bewegungen initiierten, so könnte man bei einigem Optimismus dies auch in der arabischen Welt unterstützen: Die bisherigen Staatsparteien der vormaligen Diktatoren könnten sich schrittweise in demokratische, konservative, pro-westliche Bewegungen umwandeln. Es könnten sozialdemokratisch orientierte Parteien entstehen, auch Liberale und zweifelsohne – sicher mit einer gewissen Stärke – auch islamistische.

Die Entwicklung von Rechtsstaat und freier Marktwirtschaft, jener beiden Elemente ohne die Demokratie nicht wirklich funktionieren kann, müsste seitens der Europäer natürlich auch gefördert werden. Entwicklungen also, die nicht in wenigen revolutionären Tagen eingeleitet werden können, sondern die über Jahre wenn nicht gar über Generationen vorangetrieben werden müssten. Angesicht der arabischen Realitäten gehört schon sehr viel Optimismus dazu, um an die Realisierung einer solchen Option zu glauben.