Die PfeilerunseresSozialsystems

Über den Generationenvertrag und die Solidargemeinschaft

Der Mensch ist ein soziales Wesen und als solches sorgt er vor. Für schlechte Zeiten, für Unfall, Krankheit und Unbill aller Art. Und das nicht nur für sich selbst, sondern auch für seinen Nächsten, für seine Familie und für Schwache, Kranke oder behinderte Angehörige seiner Gemeinschaft. Dies geschieht im privaten und persönlichen Bereich zumeist in der Familie, da man hier unmittelbar emotionale Bindung hat und auch eine unmittelbare Verpflichtung wahrnimmt. Im gesamtgesellschaftlichen Bereich ist es zumeist der Staat mit seinem Sozialsystem, der diese Verpflichtung auf sich nimmt. Aber auch im Bereich des Wirtschaftslebens gibt es engere Sozialsysteme, die etwa vom jeweiligen Arbeitgeber, von Konzernen oder Betrieben wahrgenommen werden.
Nachdem im konkreten Bedarfsfall – gerade in unserer modernen Gesellschaft – unter extremen Bedingungen gewaltige Kosten anfallen können, reicht die persönliche Vorsorge, die von der Einzelperson für sich selbst getätigt wird, häufig nicht aus. Zur entsprechenden Deckung der Kosten müssen also auch jene Beiträge herangezogen werden, die von jenen eingezahlt wurden, die der Hilfe nicht bedürfen. Und das funktioniert logischerweise nur in einem Verbund, der rational und emotional dazu bereit ist, für alle Mitglieder der Gemeinschaft entsprechende Sozialleistungen vorzustrecken. Immer unter der Maßgabe, dass man selbst die entsprechenden Leistungen im Notfall auch beanspruchen könnte.
Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass für ein funktionierendes soziales System – sei es im engen Familienbereich oder auch im gesamtstaatlichen Bereich – eine solidarische Gemeinschaft vonnöten ist. Dies ist für eine Familie als Solidargemeinschaft im engeren Sinne selbstverständlich, da hier die emotionale Bindung zwischen Eltern und Kindern, zwischen engen Verwandten gewissermaßen naturgegeben ist.
Was hingegen den Staat als Träger eines gesamtgesellschaftlichen Sozialsystems betrifft, so ist dies schon wesentlich schwieriger. Nachdem aber der klassische Nationalstaat, dessen Träger so etwas wie – horrible dictu – eine „Volksgemeinschaft“ war, im Grunde wie eine erweiterte Familie betrachtet wurde, vermochte man auch in diesem Rahmen den emotionalen Grund für eine solche Solidargemeinschaft zu bilden. Nationale Solidarität war also die Basis für jene Solidargemeinschaft, ohne die ein Sozialsystem im gesamtstaatlichen Bereich nicht funktionieren kann.
Nachdem aber die Aufgaben und Leistungen, die unsere gesamtstaatlichen Sozialsysteme zu bewältigen haben, immer umfangreicher wurden, reichte die Solidargemeinschaft alleine nicht aus. Sie musste von Anfang an durch einen Generationenvertrag über längere Zeiträume abgesichert werden, wobei eben zumindest drei Generationen – Eltern, Kinder, Enkel – durch ihre Leistungen für die Sozialkassen die Finanzierung des jeweiligen Sozialsystems zu gewährleisten vermochten.
Bedenkt man, dass in den westlichen Industriestaaten durch die gottlob gewaltig gestiegene Lebenserwartung der Menschen allein die Kosten für die Pensionen geradezu explodiert sind, so ist klar, welche Aufgaben ein solches Sozialsystem zu bewältigen hat. Bedenkt man weiters, mit welch großem technologischen Aufwand und damit mit welch gewaltigen Kosten die moderne Medizin arbeitet, wird zusätzlich klar, dass der Finanzierungsbedarf gerade in den letzten Jahrzehnten explodieren musste.
Die ökonomische Absicherung der solcherart belasteten Sozialsysteme ist also für nahezu alle modernen Industriestaaten ein schier unlösbares Problem geworden. Dieses ist nur durch gewaltige gemeinschaftliche Anstrengungen lösbar. Diese Anstrengungen allerdings werden in immer geringerem Maße erbracht, was an der zunehmenden Brüchigkeit der Solidargemeinschaft und auch am nicht mehr tragfähigen Generationenvertrag liegt.
In einer segregierten multiethnischen Konflikt- und Ghetto-Gesellschaft, die durch Massenzuwanderung destabilisiert wird, ist die Bereitschaft, Leistungen für eine Solidargemeinschaft zu bringen, verständlicherweise höchst gering. Den quasifamiliären Zusammenhalt, den es in der einstigen Volksgemeinschaft gegeben hatte, gibt es in einer solchen modernen Gesellschaft nicht mehr und damit auch nicht die Bereitschaft, für ein gemeinschaftliches Sozialsystem größtmögliche Leistungen zu erbringen.
Nun mag die gegenwärtige Krise des österreichischen Gesundheitssystems vielfältige strukturelle Ursachen haben und auch durch politische Fehlentscheidungen verschärft worden sein. Grundsätzlich aber ist diese Krise ganz sicher dadurch begründet, dass eben die gesamtgesellschaftliche Solidarität und die Generationen überschreiten die Opferbereitschaft für die Finanzierung des solchen Systems nicht mehr aufzubringen ist. Zuwanderer, die logischerweise noch nicht über Generationen in dieses System einbezahlt haben können, nehmen allerdings häufig horrende Leistungen in Anspruch. Prekäre Gesellschaftsschichten, die von Leistungen des Staates leben und überhaupt nie in die Sozialkassen einzahlen, nehmen ebenso gewaltige Leistungen in Anspruch. Und Sozialschmarotzer, die dieses System schamlos ausnutzen, gibt es natürlich auch.
Das aber bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als dass unsere herkömmlichen Sozialsysteme mittel- und längerfristig nicht mehr tragfähig sein werden. Die sozialen Netze werden jedenfalls reißen, wenn es keine Solidargemeinschaft und keinen Generationenvertrag mehr gibt. Und beides, Solidargemeinschaft und Generationenvertrag, kann es nur in einander fest verbundenen, emotional und rational solidarischen „Staatsbürger-Gemeinschaften“ geben. (Um in diesem Zusammenhang den Terminus „Volksgemeinschaften“ zu vermeiden).
Im Klartext und zusammenfassend bedeutet dies, dass unser Gesundheitssystem so wie unser Sozialsystem insgesamt nur erhalten werden kann und bestehen bleiben wird, wenn die Bewohner unserer Republik, so wie jene aller anderen Industriestaaten Gemeinschaftsgefühl, gemeinschaftliche Opfer- und Leistungsbereitschaft und emotionale Verbundenheit haben. Man mag dies „Volksgemeinschaft“ nennen oder auch anders. Ohne eine solche Verbundenheit kann es jedenfalls mit Sicherheit kein funktionierendes Sozialsystem geben.

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