Von Macht-Haberern und Polit-Versagern
Die erfolgsverwöhnte türkise Truppe des Sebastian Kurz ist in jüngster Zeit ganz schön in Turbulenzen geraten: Da ist der Finanzminister und Kanzler-Intimus Blümel als Beschuldigter Zielobjekt der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Da muss sich die Wirtschaftsministerin Schramböck vorhalten lassen, dass sie mit dem skurrilen Projekt „Kaufhaus Österreich“ nahezu eineinhalb Millionen Euro in den Sand gesetzt hat. Innenminister Nehammer, eine weitere Stütze des „Systems Kurz“, muss sich des Totalversagens in Sachen Terrorbekämpfung und Reorganisation des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zeihen lassen. Und Arbeitsministerin Aschbacher ging der Regierungsmannschaft wegen ihrer plagiierten akademischen Arbeiten gar völlig verlustig.
Dieses Thema wird auch in unserem neuen ZurZeit-Podcast behandelt.
Da ist die Tatsache, dass die Verteidigungsministerin Tanner das Bundesheer zur Corona-Hilfspolizei degradiert hat und dass der ebenso türkise Nationalratspräsident Sobotka offenbar enge Kontakte zu einem international gesuchten Wirecard-Betrüger gehabt hat, nachgerade zu vernachlässigen.
Der Kopf dieser glücklosen Truppe, Bundeskanzler Kurz, hat sich in diesen Tagen verdächtig rar gemacht. Er lässt in der gegenwärtig chaotisch anmutenden Corona-Bekämpfung den Fachleuten den Vortritt. Und so dürfen Virologen, Epidemiologen und andere Groß-Sanitäter als pandemische Wortspender vor die Kameras. Und auch bei der Verteidigung seiner Minister hört man vom Bundeskanzler wenig. Was Wunder also, dass die Regierung gegenwärtig in den Umfragen abzustürzen droht. Die zunehmende Unglaubwürdigkeit des grünen Koalitionspartners tut das ihre dazu. Wenn dann gegenwärtig im Zusammenhang mit der mutmaßlichen Korruptionsaffäre rund um den Finanzminister die Machinationen der ÖVP im Hinblick auf die Spenden-Lukrierung thematisiert werden, wirft dies auch ein eher düsteres Bild auf die schwarz-türkisen Macht-Haberer, die seit 35 Jahren ununterbrochen in der Regierung sind.
Nach dem Ende der Ära Kreisky bzw. seines glücklosen Nachfolgers Fred Sinowatz kam es bekanntlich zur Neuauflage der großen Koalition mit ÖVP-Beteiligung. Seitdem regiert diese Partei in wechselnden Koalitionen mit der Sozialdemokratie, den Freiheitlichen und nun mit den Grünen. Kein Wunder, dass man da ein eher machiavellistisches Verständnis im Hinblick auf die Parteienfinanzierung hat und den Staat gewissermaßen als Parteieigentum betrachtet.
Man erinnere sich an die Vorgänge in der niederösterreichischen ÖVP. Da gab es die Erwin-Pröll-Privatstiftung, für die still und leise eine Million Euro bereitgestellt wurden, wovon 300.000 bereits geflossen waren. Nach heftiger Medienkritik wurde diese Stiftung des Altlandeshauptmanns aufgelöst und die 300.000 Euro zurückgezahlt. Da fragt sich der gelernte Österreicher, ob es wirklich notwendig gewesen wäre, alles zurückzuzahlen, wenn dies rechtmäßig gewesen wäre. Ob da nicht dem seinerzeitigen starken Mann innerhalb der Volkspartei auf Kosten des Landes Niederösterreich eine stattliche Apanage zugedacht war?
Oder man denke an jene Beraterfirmen, die in jüngster Zeit im Zuge der Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung Millionengeschäfte machen. Da gibt es eine Beraterfirma namens „Accenture“, die sowohl die einigermaßen unnötige „Stopp-Corona-App“ als auch das gescheiterte „Kaufhaus Österreich“ entwickelte – für Millionenhonorare versteht sich. Wobei kritische Experten meinen, dass diese Internet-Projekte von ein paar Studenten für einige Tausend Euro erledigt worden wären.
Oder man erinnere sich daran, dass das dem Nationalratspräsidenten Sobotka nahestehende Alois-Mock-Institut von der Skandalfirma Wirecard Spenden im fünfstelligen Bereich erhalten hat. Oder auch daran, dass die Wörthersee-Milliardärin Heidi Horten der ÖVP in gestückelten Tranchen Hunderttausende Euro spendete, um solcher Art die Meldung an den Rechnungshof zu vermeiden.
Nun mag es sein, dass die Volkspartei direkt weder von Waffenproduzenten, noch von Glücksspiel- oder Pharmakonzernen Spenden annimmt, im Dschungel der parteinahen Organisationen und Vereine aber gibt es viele Möglichkeiten, dies zu unterlaufen. Jenseits der politischen Inszenierung, mit der sich die Bundesregierung als Meister der Corona-Bekämpfung darzustellen versucht, scheint den türkis-schwarzen Macht-Haberern die Kontrolle entglitten zu sein. Angesichts des sich häufenden Politversagens in seinen Reihen bröckelt naturgemäß auch der Glanz des Kanzlers. Und der aus den Reihen der Opposition aufkommende Ruf nach Neuwahlen wird wohl nur aus dem Grund nicht erhört werden, dass es sich Kurz nach einem zweimaligem Bruch von Regierungskoalitionen, nur schwer erlauben kann, ein drittes Mal vorzeitig die Legislaturperiode abzubrechen.
Und natürlich liegt es an den rapide sinkenden Umfragen, sowohl für die Türkisen als auch für die Grünen, was diese dazu bewegen wird, Neuwahlen zu meiden wie der
Teufel das Weihwasser.