Die Freiheitlichen integrieren Europas Rechtsdemokraten
Schon der Aufstieg der Freiheitlichen Partei unter Jörg Haider galt europaweit als Vorbild für rechte Oppositionsparteien. Allerdings war es Haider nach dem EUBeitritt Österreichs, der bekanntlich ja gegen die politischen Intentionen der FPÖ im Jahre 1995 erfolgte, kein Anliegen, mit ähnlich positionierten politischen Gruppierungen aus den übrigen europäischen Ländern in Kontakt zu treten. Im Gegenteil, er vermied es ausdrücklich. Dies zeigte sich insbesondere im Verhältnis zu den Vertretern des Front National unter Jean-Marie Le Pen, der zur gleichen Zeit ebenso erstarkte. Die freiheitlichen Vertreter im EU-Parlament, angefangen von Susanne Riess-Passer und Mathias Reichhold bis hin in der Folge zu Hans Kronberger und Daniela Raschhofer, hatten innerparteiliche Order, jeglichen Kontakt tunlichst zu vermeiden.
Dies änderte sich erst, als im Zuge des Niedergangs der Haider-FPÖ während der Regierungsbeteiligung mit der Volkspartei unter Wolfgang Schüssel im Jahre 2004 der Verfasser als alleiniger FPÖ-Mandatar in das EU-Parlament einzog.
Er nahm – zuerst gegen den ausdrücklichen Willen der Parteiführung, dann ab 2005 mit ausdrücklicher Unterstützung des neuen Parteichefs Heinz-Christian Strache – vom Anbeginn seines Mandats Kontakte zu Vertretern anderer oppositioneller Rechtsparteien auf. Es gelang ihm, insbesondere mit Jean-Marie Le Pen und Bruno Gollnisch als den wesentlichsten Vertretern des französischen Front National, aber auch mit den damaligen Vertretern der Lega Nord wie Mario Borghezio und den damals im EU-Parlament stark vertretenen Vertretern des Vlaams Blok unter Frank Vanhekke gute Beziehungen aufzubauen. In diesem Kreise mit dabei war Alessandra Mussolini, die in späteren Jahren dann mit Hilfe der konservativen Partei Berlusconis im italienischen Parlament saß.
Erste Treffen von Vertretern dieser politischen Bewegungen hat es bereits in der Ära der Haider-FPÖ auf Initiative Andreas Mölzers als Herausgeber der Wochenzeitung ZurZeit in Österreich gegeben. Dies hatte in der damaligen Parteispitze bei Susanne Riess-Passer, die ja als Vizekanzlerin in der österreichischen Bundesregierung saß, erhebliche Irritationen ausgelöst. Später, ab 2005, unter der neuen Parteiführung von Heinz-Christian Strache, war es nun möglich, auf offi zielle Einladung der FPÖ hin ein erstes Treffen offi zieller Parteienvertreter in Wien zu organisieren. Nach Vorschlägen von Andreas Mölzer wurde dabei eine sogenannte „Wiener Erklärung“ verabschiedet, auf deren Basis in der Folge im Jahre 2007 im Europäischen Parlament im Rahmen einer ersten authentischen Rechtsfraktion eine Zusammenarbeit zwischen rechtsdemokratischen und patriotischen Freiheitsparteien zustande kam. Unter den Namen „Identität, Tradition, Souveränität“ unter dem Präsidenten Bruno Gollnisch vom Front National schaffte es diese Fraktion immerhin, zwei Jahre parlamentarische Oppositionspolitik zu betreiben. In Folge des Streits zwischen den rumänischen Mitgliedern dieser Fraktion und Alessandra Mussolini zerbrach diese Fraktion dann allerdings.
In der Legislaturperiode des Europäischen Parlaments von 2009 bis 2014 blieben die Freiheitlichen, wie ein Teil der anderen europäischen Rechtsparteien auch, fraktionslos. Hinter den Kulissen aber gingen die Intensivbestrebungen zur Vertiefung der Kontakte zwischen den europäischen Freiheitsparteien weiter. Neben der konsequenten Pfl ege der Beziehungen zum Front National – auch unter dessen neuer Führung mit Marine Le Pen –, der weiteren Intensivierung des Kontakts zum fl ämischen Vlaams Belang gelang es Mölzer mit ausdrücklicher Unterstützung von Bundesparteiobmann Strache, insbesondere die Beziehung zur italienischen Lega Nord, aber auch das Verhältnis zu den Vertretern der holländischen Freiheitspartei unter Geert Wilders und jenen der Dänischen Volkspartei und der Schwedendemokraten zu intensivieren. Zu diesem Zwecke wurde in Wien eine Reihe von europathemenbezogenen Parteientreffen organisiert.
Der Aufstieg einer neuen Rechtsfraktion
Wegen einer Medienkampagne im Zuge des EU-Wahlkampfes schied der Autor dieser Zeilen aus der aktiven Politik aus, und Harald Vilimsky übernahm die Leitung der freiheitlichen EU-Delegation. Mit einem Wahlergebnis von knapp 20 Prozent vermochte er insgesamt vier EU-Mandate zu erlangen und konnte somit mit neuer Stärke zum Motor der Einigung der europäischen Rechtsdemokraten und Freiheitsparteien im EU-Parlament werden.
Der ebenso massiv gestärkte Front National, der sich in der Folge Rassemblement National nennen sollte, und die ebenso massiv gestärkte Lega Nord wurden gemeinsam mit den Freiheitlichen und der Wilders-Partei aus den Niederlanden zum Zentrum einer neuen europäischen Rechtsfraktion, die sich „Europa der Nationen und Freiheit“, also ENF, nannte. Die österreichische Delegation unter Harald Vilimsky konnte sich als politischer und organisatorischer Motor dieser neuen Gruppe im Parlament profi lieren. Dies lag weniger an der Anzahl der österreichischen EU-Abgeordneten, die ja vergleichsweise zu den Italienern und Franzosen aufgrund der geringeren Bevölkerungsanzahl Österreichs relativ klein war, sondern an der Qualität der politischen Arbeit der Vilimsky- Delegation und insgesamt an der politischen Bedeutung der FPÖ.
Der Aufstieg der Freiheitlichen in Österreich selbst, die ja rund um das Jahr 2016 in allen Umfragen die stärkste Partei des Landes war, der freiheitliche Wahlerfolg im Herbst 2017 und schließlich der Eintritt der FPÖ in eine neue Mitte-Rechts-Regierung in Wien verschafften der FPÖ auch im Kreise der europäischen Rechtsund Freiheitsparteien ein beispielgebendes Renommee. Während das französische Rassemblement National bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich unterlag und damit zwischenzeitlich in eine Krise schlitterte, gelang es der Lega Nord, mit der eher linkspopulistischen Fünf-Sterne-Bewegung in Italien eine Regierung zu bilden. Seitdem schaffte es Lega-Chef Matteo Salvini, beinhart rechtskonservative Vorstellungen politisch umzusetzen.
Attackiert von den linksliberalen Mainstream-Medien quer durch Europa wurde Salvini so etwas wie das Aushängeschild der europäischen Rechtsdemokraten, die von ihren Gegnern als „Rechtspopulisten“ diffamiert werden. Aufgrund seiner Erfolge und seiner Popularität, insbesondere in der konsequenten Umsetzung seiner restriktiven Ausländerpolitik, vermochte Salvini und mit ihm die EU-Gruppe um Rassemblement National und FPÖ, verstärkte Kontakte zur konservativen Regierung Polens und insbesondere zur ungarischen Regierung und zur Fidesz-Partei Viktor Orbáns aufzubauen. Polen und Ungarn, die wegen ihrer patriotischen Politik seit Jahren ein Dorn im Auge der EU-Zentralisten sind, konnten in Salvinis Italien einen neuen Verbündeten für ihre Positionen finden. Das gleiche galt auch gegenüber Österreich unter der neuen Mitte-Rechts-Regierung von Bundeskanzler Kurz und FPÖ- Chef Heinz-Christian Strache. Insbesondere Österreichs Innenminister Herbert Kickl vermochte in Matteo Salvini einen kongenialen Innenminister eines EU-Landes zu finden. Die sogenannten Visegrád-Staaten, also Polen, Ungarn, die Slowakei und Tschechien, sowie Österreich und Italien bilden somit in der Europäischen Union eine bedeutende Staatenfamilie, welche der europäischen Integration in Zukunft eine neue Richtung geben könnte.
Insbesondere die Flüchtlingsinvasion des Jahres 2015 und die seitdem überbordenden Integrationsprobleme, vor allem in Deutschland, Österreich, aber auch in Frankreich und Italien, sind Motiv für eine solche neue Politik der Europäischen Union: Der Schutz der europäischen Außengrenze, der Stopp der illegalen Zuwanderung, die Erhaltung der Identität der europäischen Nationen und die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit und Stärkung der nationalen Souveränität der Mitgliedstaaten sind die Maximen einer solchen neuen Politik.
Vilimskys Einigungsstrategie
Dieser zu erwartende stärkere Wählerzuspruch für die Parteien der ENF-Fraktion ist es aber nicht alleine, was eine Veränderung der Machtverhältnisse im Europäischen Parlament und damit in der Europäischen Union insgesamt nach ziehen könnte. Es sind vielmehr die Verwerfungen im Zuge des Brexit, die sich in der politischen Landschaft des EU-Parlaments zwangsläufig ergeben, aber auch der Orientierungswechsel in Polen und Ungarn, der sich möglicherweise anbahnt, was die Verschiebung der Machtverhältnisse bewirken könnte.
Der Brexit mit Ende März des Jahres (bei Abfassung dieses Beitrags war noch nicht bekannt, ob er zu diesem Zeitpunkt stattfindet) oder auch eine kurzfristige Verschiebung des Brexits auf Ende Juni 2019 würde ja bedeuten, dass die Briten sich an der EU-Parlamentswahl nicht mehr beteiligen und dass es keine britischen Abgeordneten mehr im Europaparlament gäbe. Bislang waren ja die Abgeordneten der britischen Konservativen nicht in der Fraktion der Europäischen Volkspartei vertreten, sondern in der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer. Diese Fraktion pflegte zwar zumeist mit der Europäischen Volkspartei zusammenzuwirken, sie war aber doch wesentlich EU-kritischer als die Volkspartei. Neben den Tories waren in dieser Fraktion bislang auch die polnischen Konservativen der PiS-Partei von Jaroslaw Kaczynski. Sollten nun die Briten ausscheiden, würde diese EU-Parlamentsfraktion naturgemäß zerbrechen und die starke polnische Gruppe – Polen ist eben auch ein großes EU-Land – würde mit einiger Sicherheit einer neuen vergrößerten Fraktion rechtdemokratischer Freiheitsparteien beitreten. Dies planen Vilimsky, Salvini und Marine Le Pen.
Ebenso verhält es sich mit jener EU-kritischen Rechtsfraktion, die sich bislang um die Abgeordneten der United Kingdom Independence Party (UKIP) scharte, die zuvor Nigel Farage, einer der wichtigsten Betreiber des Brexit, aufgebaut hatte. Sollten die UKIPAbgeordneten im Zuge des Brexit aus dem Europaparlament ausscheiden, würde wohl auch diese Fraktion zerbrechen und deren bisherige Mitgliedsparteien, insbesondere die skandinavischen Rechtsparteien, wohl auch zur neuen großen Rechtsfraktion von FPÖ und Lega und Rassemblement National stoßen.
Eine besonders wichtige Rolle könnten die deutschen Abgeordneten der Alternative für Deutschland (AfD) spielen, die allen Umfragen zufolge bei den Europawahlen dramatisch gestärkt ins EU-Parlament einziehen könnten. Zu dieser Gruppe hat insbesondere Harald Vilimsky in den vergangenen Jahren intensive Kontakte aufgebaut, die nunmehr Früchte tragen könnten. Deutschland als größtes EU-Land hat naturgemäß am meisten EU-Abgeordnete, was sich bei einem Wahlerfolg der AfD entsprechend auswirken würde.
Das bisherige Übergewicht des Rassemblement National, also der französischen Abgeordneten in der ENF-Fraktion, welches in der Vergangenheit bisweilen auch zu Problemen geführt hat, dürfte somit durch eine Vielzahl deutscher EU-Parlamentarier, italienischer aber auch polnischer, relativiert werden.
Dazu kommt die ungarische Option. Sollte die Fidesz von Viktor Orbán aufgrund ihrer EU-kritischen Politik und ihrer aktuellen EU-kritischen Wahlkampagne von der Europäischen Volkspartei ausgeschlossen werden, könnte noch eine größere Gruppe ungarischer Abgeordneter zur neuen Rechtsfraktion stoßen. Natürlich dürfte sich Viktor Orbán hüten, von sich aus den Austritt aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei zu betreiben. Die Vilimsky-Strategie läuft also darauf hinaus, im Europa-Parlament eine große Fraktion rechtsdemokratischer EU-Reform-orientierter Freiheitsparteien zu schaffen, welche den aktuellen Umfragen zufolge die Chance hätte, zur zweitstärksten Kraft im Europaparlament direkt hinter der Europäischen Volkspartei zu werden. Stärker als die Sozialdemokraten und überragend gegenüber den Grünen, den Liberalen und den Ultra-Linken.
Eine solche politische Kraft könnte naturgemäß massiven Einfluss nehmen auf die künftigen Politik der Europäischen Union, aber auch auf personalpolitische Entscheidungen. Die Wahl eines neuen Kommissionspräsidenten wäre in diesem Falle ohne Zustimmung der neuen großen Rechtsfraktion nur sehr schwer möglich. Und politische Projekte wie der Schutz der europäischen Außengrenzen würden eine völlig neue Dynamik erhalten. Dass eine solche Fraktion mit ihrer Absage an den Brüsseler Zentralismus auf eine verstärkte Position der Nationalstaaten innerhalb der EU hinarbeiten würde und insgesamt der europäischen Integration ein völlig neues Gesicht geben würde, ist auch klar.
Die Vilimsky-Strategie sieht nun vor, dass das Gesicht dieser Einigungsbewegung der Rechtsdemokratischen Freiheitspartei Europas der italienische Innenminister Matteo Salvini wird. Als dynamischer Repräsentant eines großen EU-Mitgliedstaates und als einer, der sich von den Dogmen der political correctness niemals abschrecken ließ, stellt er mit seiner volksnahen Hemdsärmeligkeit den neuen Typus des populären Rechtspolitikers dar, eine wirkliche Alternative zum Brüsseler Establishment, wie es bislang von EU-Kommissionspräsident Juncker repräsentiert wurde. Im Übrigen ist Salvini Regierungspolitiker und hat damit bewiesen, dass er nicht nur Oppositionskritik zu üben vermag, sondern auch in der Umsetzung konsequent und stark sein kann. Das gleiche trifft zwar auf Vilimsky zu, der als Generalsekretär der in Österreich mitregierenden FPÖ absolut auch als Regierungspolitiker angesehen werden muss, er ist aber eben der Vertreter eines kleinen EU-Staates und dürfte sich damit in kluger Selbstbescheidung mit der Rolle des Drahtziehers und Strategen im Hintergrund begnügen. Marine Le Pen, die natürlich ebenso Vertreterin eines großen EU-Staates ist, ist gerade erst dabei, sich innenpolitisch als staatstragende Oppositionsführerin wiederzufi nden, und die deutsche AfD ist vielleicht eine zu junge Partei, um eine Führungsrolle in so einer neuen europäischen Gruppe zu übernehmen. All das spricht für Salvini als logische Führungsfi gur. Die Überwindung der Anta gonismen – Eine solche Einigungsstrategie in der Folge eines möglichen Wahlerfolgs der europäischen rechtsdemokratischen Freiheitsparteien ist eine Sache. Aufgrund der vielfältigen Kontakte und Gespräche, die insbesondere Vilimsky, aber naturgemäß auch Marine Le Pen und Matteo Salvini in alle schon angeführten Richtungen geführt hat und aufgrund der strategischen Veränderung der politischen Landschaft im Europäischen Parlament nach dem Brexit wäre eine solche große Einigung auf eine gemeinsame Parlamentsfraktion und auf ein gemeinsames Agieren auf der EU-Ebene nicht nur möglich, sondern auch durchaus logisch. Nach einer solchen Einigung kämen allerdings erst die wirklichen Pro-bleme auf eine solche Rechtsfraktion zu.
Die rechtsdemokratischen Freiheitsparteien der EU-Mitgliedstaaten sind nämlich naturgemäß auch die hervorragendsten Vertreter der jeweiligen nationalen Identität dieser Mitgliedstaaten und sie sind auch die bewussten Erben der jeweiligen Geschichte dieser Mitgliedstaaten. Und sie sind damit auch Träger und Erben der alten, nationalen Gegensätze zwischen den europäischen Nationen, der historischen Antagonismen zwischen denselben.
Polnische Patrioten etwa misstrauen naturgemäß nationalbewussten Deutschen, welche möglicherweise nach wie vor mit einer gewissen Nostalgie auf die Territorien östlich der Oder und Neiße schielen. Und französische Patrioten rund um Marine Le Pen sind nicht selten von einem gewissen antideutschen Reflex bewegt, der sich zwar in den letzten Jahren primär gegen die Politik Angela Merkels richtete, der aber wohl auch den Vorstellungen von Vertretern der Alternative für Deutschland widersprechen könnte. Dies sind nur einige Beispiele für die zahlreichen historisch gewachsenen Gegensätze und Belastungen, die es zwischen den europäischen Völkern offen oder auch nur unterschwellig bis zum heutigen Tage gibt. Abgesehen davon gibt es gewaltige strukturelle Unterschiede zwischen den möglichen Schwesterparteien in einer solchen neuen EU-Rechtsfraktion: Da sind beispielsweise die Franzosen des Rassemblement National absolute Etatisten, die für ethnische Minderheiten keinerlei Verständnis aufbringen. Für zentralistisch orientierte Franzosen sind Autonomieforderungen, etwa der Bretonen oder der Elsässer oder der Korsen, völlig irrelevant. Im Gegensatz dazu ist die Lega Nord in Italien ja ursprünglich eine regionalistische Partei gewesen, die für Norditalien einen eigenen Staat namens Padanien propagiert hat. Und der Vlaams Belang in Belgien wäre gar eine separatistische Partei, die eigentlich eine Loslösung Flanderns in Belgien im Auge hatte. Aus solch grundsätzlichen Positionierungen resultieren naturgemäß eine Fülle von politisch gegensätzlichen Folgerungen und Forderungen. Daraus ergäbe sich allerdings als logische Konsequenz, dass sich eine solche EUParlamentsfraktion, aber auch insgesamt die Kooperation der dahinter stehenden Parteien auf eine gewisses Minimal-Programm und einen gewissen Minimal-Konsens einigen müssten.
Die Vilimsky-Strategie läuft nun auf jenes Prinzip hinaus, das auch in der Regierungserklärung der gegenwärtigen österreichischen Bundesregierung festgelegt ist: Die Europapolitik hat sich primär nach dem Prinzip der Subsidiarität zu orientieren. Das heißt also, dass gemäß dem Subsidiaritätsprinzip alles das, was auf kommunaler Ebene bestimmt und beschlossen werden kann, dort geschehen soll, das, was auf regionaler Ebene, etwa auf Bundesländerebene gemacht werden kann, genau hier zu geschehen hat, dass also die nationalstaatliche Kompetenz unbestritten sein muss und nur jene Bereiche, die auf diesen untergeordneten Ebenen nicht erledigt werden können, auf der europäischen Ebene stattfinden sollten. Eine damit klar gegebene Absage an den Brüsseler Zentralismus und an das Projekt der „Vereinigten Staaten von Europa“ und somit die Stärkung der nationalstaatlichen Souveränität im Rahmen eines Europäischen Staatenbundes müsste also wohl das übergeordnete Ziel aller Mitglieder einer solchen neuen Parteienfamilie sein, überdies der Schutz der nationalen Identität der europäischen Völker durch rigorosen Schutz der EU-Außengrenzen und die Unterbindung jeglicher illegalen Zuwanderung. Dass die europäische Integration auf der Basis dieser Prinzipien weiterhin ein Hort für Frieden, Freiheit und Wohlstand in einer immer chaotischer werdenden globalisierten Welt bleiben muss, steht ohnedies außer Zweifel.
Und die nötige Wählerunterstützung?
Voraussetzung für all diese Entwicklungen und für die Vilimsky-Strategie insgesamt wäre allerdings eine entsprechende Wählerzustimmung bei den Wahlen zum Europäischen Parlament selbst. 20 Prozent der Wählerstimmen bei einer Wahlbeteiligung von kaum 50 Prozent hieße, dass etwa die Hälfte des freiheitlichen Elektorats der vergangenen Nationalratswahlen den freiheitlichen EU-Kandidaten ihre Stimme zukommen ließe. Nicht unbedingt berauschend, allerdings verständlich, wenn man bedenkt, dass EU-Kritiker, wie sie den Kern der diesbezüglichen FPÖ-Wählerschaft ausmachen, dazu neigen, die Wahl zum Europaparlament zu vernachlässigen oder sogar abzutun.
Für die Freiheitlichen und insbesondere für Spitzenkandidat Harald Vilimsky wird es in erster Linie drum gehen, die möglichen Wähler und FPÖ-Sympathisanten überhaupt zu einer Wahlbeteiligung zu animieren. Diesbezüglich gäbe es nun bei den Europa-Wahlen des Jahres 2019 eine völlig andere strategische Ausgangsposition als bei den Wahlgängen zuvor.
Wenn der Autor bei den EU-Wahlen des Jahres 2004 mittels einer Vorzugsstimmenkampagne als Drittplatzierter auf der Kandidatenliste bei einem Wahlergebnis von sechs Prozent gerade ein Mandat für sich gewinnen konnte, um dieses Ergebnis im Jahre 2009 mit nahezu 14 Prozent mehr als zu verdoppeln, konnte Harald Vilimsky 2014 bereits mit nahezu 20 Prozent auf den damaligen Stand der freiheitlichen Wahlerfolge aufschließen. Und dies trotz des Umstandes, dass eben EUKritiker und EU-Skeptiker wenig motiviert sind, an solchen Wahlen überhaupt teilzunehmen. Diesmal im Jahr 2019 haben die Freiheitlichen unter Spitzenkandidat Harald Vilimsky trotz der Beteiligung an der Bundesregierung, die sich als proeuropäisch deklariert, unter allen wahlwerbenden Gruppierungen das Alleinstellungsmerkmal der EU-Kritik und den Anspruch, eine EU-Reform-Gruppe zu bilden. Kein Öxit also, nicht EU-Austritt, sondern Richtungswechsel in der Europäischen Integration, Reform der Union also, ist das Ziel.
Deklarierte EU-Gegner und Europa-Hasser, derer es laut Umfragen immer weniger im Land gibt, werden sich vielleicht also auch der freiheitlichen EU-Kandidatur versagen. EU-Kritiker allerdings könnten sich nach dem Motto „Wer Europa liebt, muss die EU kritisieren und verändern“ mit ihrer Stimme dem freiheitlichen Kandidaten anschließen. Und in diesem Jahr käme eine besondere Motivation dazu, nämlich die Chance, mit einer starken Rechtsfraktion im EU-Parlament, wie sie zuvor geschildert wurde, tatsächlich einen Richtungswechsel in Brüssel und in Straßburg durchzusetzen. Diesmal könnten die EU-Kritiker mit ihrer Stimme für die FPÖ und für Harald Vilimsky wirklich etwas bewirken. Eine starke Rechtsfraktion würde, wie gesagt, die europäische Politik von Grund auf ändern. Nicht die EU zerstören, sondern Europa durch einen Richtungswechsel in der europäischen Integration stärken und zukunftssicherer machen. Die 22 bis 24 Prozent, die gegenwärtig für die Freiheitlichen bei den kommenden EU-Wahlen prognostiziert werden, könnten noch erhöht werden. Die Aussage des freiheitlichen Vizekanzlers Heinz-Christian Strache, wonach Vilimsky nicht nur der FPÖ-Spitzenkandidat für diese Wahl sei, sondern insgesamt jener Kandidat, der die europapolitische Linie der Bundesregierung umzusetzen gewillt sei, entspricht nämlichder Realität. ÖVP-Spitzenkandidat Othmar Karas ist nämlich nach wie vor ein deklarierter Verfechter der „Vereinigten Staaten von Europa“ und des Brüsseler Zentralismus, was dem Regierungsprinzip der Subsidiarität in europapolitischen Fragen diametral widerspricht.
Dass Bundeskanzler und ÖVP Chef Sebastian Kurz Karas mehr oder weniger zwangsläufig wieder zum ÖVP-Spitzenkandidaten machen musste, resultiert alleinaus taktischen innerparteilichen Überlegungen innerhalb der ÖVP. Vilimsky könnte also mit einer moderaten, kritischen, aber doch konstruktiven europapolitischen Linie durchaus auch in das ÖVP Elektorat eindringen. Dass man seitens der linksliberalen Mainstream-Medien und seitens der Opposition und wohl auch seitens gewisser Kreise in der ÖVP im Zuge des Wahlkampfs immer wieder behaupten wird, Vilimsky habe sich für den Öxit ausgesprochen und seine politische PartnerinMarine Le Pen wolle die EU zerstören, ist sicher. Wahlkämpfe sind eben keine Wettbewerbe in intellektueller Redlichkeit. Ob sich aber der gelernte Österreicher als Wähler davon beeindrukken lässt, ist eine andere Frage. Die Vilimsky-Strategie könnte jedenfalls sowohl auf der großen europapolitischen Ebene als auch auf der Ebene der österreichischen Innenpolitik im Zuge des gegenwärtigen Wahlkampfgeschehens völlig neue Perspektiven eröffnen.
Es ist das Dümmste, als EU-Gegner nicht zur Wahl zu gehen. Eine Partei der EU-Gegner steht nicht zur Wahl, und man würde, wenn man nicht zur Wahl ginge, nur den „glühenden Europäern“ mehr Raum geben. Es ist mir unverständlich, daß die Kritik an der EU kleiner geworden sein sollte. Die mangelnde Stimmigkeit und Verlogenheit müßte doch eigentlich aufgefallen sein. Hinsichtlich der Migration besteht ganz offensichtlich nicht die Absicht, sie ernsthaft einzubremsen, es werden nur einige retardierende Scheinmaßnahmen getroffen. Ein m.E. wichtiger Punkt: durch den freien Warenverkehrs werden die (insbesondere von links kritisierten) Emissionen in völlig überflüssiger Weise in die Luft geblasen, das Tierleid erhöht.und die Herkunft von Fleisch verschleiert. Gegen den Einwand, die Leute, könnten sich dann das Fleisch nicht mehr leisten, kann man ins Treffen führen, daß weniger Viehzucht den Methanausstoß verringern und den Hunger in der Welt reduzieren würde, da ein beträchtlicher Teil des Getreides an das Vieh verfüttert wird. Die Volksgesundheit wäre bei weniger Fleischgenuß ebenfalls besser. Obendrein sieht die EU zu, wie Nahrungsimittelkonzerne die Agrarwirtschaft in Afrika gnadenlos niederkonkurrenzeiren. Auch die Billigflüge sind ein Faktor und anderes mehr. Der Herr Voggenhuber und alle anderen bedingungslos EU-freundlichen Parteien wissen das natürlich, vermeiden aber elegant, das zur Sprache zu bringen. Die ideale Partei müßte erst gegründet werden, Ich wähle aber Vilimsky, da hier wenigstens ansatzweise so etwas wie eine Opposition innerhalb dieses teils dummen, teils eigentlich bereits kriminellen Vereins wirksam werden würde.
80% der neuen Gesetze kommen aus Brüssel.Das wissen anscheinend viele Bürger nicht.