In der benachbarten Bundesrepublik Deutschland gab es in den letzten Wochen bekanntlich so etwas wie den sogenannten „Schulz-Hype“. Martin Schulz, der langjährige Präsident des Europäischen Parlaments, wurde zum neuen SPD-Kanzlerkandidaten designiert und hat danach angeblich in den Umfragen für unglaublichen Aufwind für die deutsche Sozialdemokratie gesorgt. Wer, wie der Autor dieser Zeilen, Martin Schulz kennt, weiß, dass dieser alles andere als ein Sympathieträger ist. Und jetzt soll er plötzlich der neue Messias der „guten alten Tante“ SPD sein.
Die Wahlen im Saarland haben nunmehr die Bundesdeutschen eines Besseren belehrt. Vom SPD-Höhenfl ug keine Spur, im Gegenteil, eine relativ biedere CDU-Politikerin konnte respektabel gewinnen. Natürlich wird das für die regierenden Christdemokraten die Versuchung darstellen, wiederum voll auf Angela Merkel und ihre Politik der Willkommenskultur zu setzen. Auch das könnte sich als Trugschluss erweisen, da indessen zweifellos eine satte Mehrheit der Bundesdeutschen dieser Willkommenskultur überdrüssig ist. Aber das Phänomen, dass neue politische Gesichter am Anfang medial und umfragetechnisch in den Himmel gelobt werden, gibt es ja nicht nur in Deutschland. In Frankreich erleben wir das gegenwärtig um den unabhängigen Kandidaten Macron, der zwar als Ultralinker gilt, aber gleichzeitig Investmentbanker war, der die Gerüchte um seine Homosexualität mittels Heirat mit seiner nahezu drei Jahrzehnte älteren Lehrerin zu kaschieren suchte, und der, so hört man, beste Chancen hat, in den Elysee-Palast einzuziehen. Auch im Falle Macrons wird sich weisen, ob das reale Wahlergebnis dem Medien-Hype entsprechen wird. Zweifel dürfen angemeldet werden, und das nicht nur aus Zweckoptimismus für Marine Le Pen. Genauso sind ja in Österreich die Werte für den alerten Kanzler-Darsteller Christian Kern und den Außenpolitikpraktikanten Sebastian Kurz in schwindelnde Höhen gestiegen. Kern soll angeblich die Fähigkeit haben, die SPÖ emporzureißen, und Kurz sollte in einem sogenannten Lazarus-Effekt sogar die totgesagte Volkspartei wieder über die 30 Prozent katapultieren.
Wer es glaubt, wird selig, und wer sich von Seiten der freiheitlichen Opposition diesbezüglich nervös machen lässt, ist selbst schuld. Der mangelnde Schulz-Effekt im Saarland könnte sich sowohl in Frankreich als auch in Österreich bei den kommenden Wahlgängen fortsetzen. Hochgejubelte neue Kandidaten mit Teflon-Image, mediengerechter Optik und allzu zeitgeistigem Auftreten sind die große Hoffnung nur für die etablierten Medien. Offenbar nicht für die politiverdrossene, bedrängte und frustrierte Wahlbevölkerung.