Koalitions-Krisengewinnler

Die ehemals als „große“ bezeichnete Koalition hat sich also wiederum eine Frist gegeben. Mittels eines auch im Ministerrat abgesegneten Koalitionsabkommens, basierend auf dem „Plan A“ des Bundeskanzlers und dem „Plan B“ des Finanzministers. Angelegt war das Ganze ja vom Bundeskanzler als Wahlkampfauftakt: Solange seine Persönlichkeitswerte noch in lichten Höhen befindlich und die oppositionellen Freiheitlichen in einer Ermattungs-Phase nach der Präsidentschaftswahl, solange wollte er wählen – und er hätte es wohl tatsächlich auf den Bruch ankommen lassen, wenn er die Schuld daran glaubhaft der Volkspartei hätte zuschieben können. Denn bekanntlich wird jener bestraft, der Schuld ist an vorgezogenen Neuwahlen.
Niemand weiß das besser als die ÖVP und ihre in permanenten Obmanndebatten und Wahlniederlags-Analysen gestählten Granden. Und so  haben Mitterlehner, Kurz,  Sobotka und Co. erfolgreich auf Zeitgewinn gespielt. Wenn man in den Umfragen gesicherte 19 Prozent hat, ist man naturgemäß nicht heiß auf Wahlen.
Wenn man als Obmann und Vizekanzler vor der Frühpension steht, auch nicht. Und wenn man als leuchtende Zukunftshoffnung vor der Übernahme der Spitzenposition nur verlieren kann wie der Außenminister, wohl ebenso wenig. Und  so werden die Strategen der Volkspartei wohl alles  daran setzen, dass erst im Herbst 2018 gewählt wird. Ob dann Mitterlehner pensionswilliger, Kurz risikobereiter und die Umfragen wachstumswilliger sein werden, ist mehr als ungewiss.
Wer auf jeden Fall von der Koalitionskrise und ihrer Perpetuierung profitiert, sind die oppositionellen Freiheitlichen. Der auf Konfrontation mit Strache nach dem Muster des Wiener Wahlkampfes  von Michael Häupl und des Bundespräsidentschaftswahlkampfes setzende SPÖ-Chef wird im Herbst 2018 nämlich mit einiger Sicherheit auch schon auf eine Kette gescheiterter Regierungsvorhaben und politische Abnutzung zurückblicken müssen. Flüchtlingsproblematik und Integrationsfiasko werden wieder hochschwappen, und der Teufelskreis von Sozialabbau und schwindender Kaufkraft wird dem gelernten Österreicher nicht verborgen bleiben. Am weiterhin andauernden Umfragehoch der großen blauen Oppositionspartei dürfte angesichts dieser Umstände kaum jemand zweifeln. Und dieses wird zweifellos beim künftigen Nationalrats-Wahlgang seine  Entsprechung finden. Zwar wird es das vom Kanzler Kern in seinem Plan A angesprochene Mehrheitswahlrecht bis dahin noch nicht geben und ein vom Bundespräsidenten zähneknirschend mit der Regierungsbildung beauftragter Oppositionsführer H.-C. Strache wird sich wohlauf die mühsame Suche nach potentiellen Regierungspartnern machen müssen. Wenn eine solche mittels eines Volksfrontbündnisses à la Van der Bellen-Koalition verhindert würde, wäre derRepublik wahrscheinlich Unregierbarkeit und Instabilität beschert. Ob allerdings eine der beiden Jetztnoch-Regierungsparteien die Härte aufbrächte, den Juniorpartner für ein Strache-Kabinett zu stellen, ist ebenso schwer denkbar. Möglicherweise aber wird es dann alternativlos sein.
Und vorausschauend zum Wohle des Landes wäre wohl dies notwendig, was der Innenpolitiker der „Presse“ vor wenigen Tagen leitartikelnd in den Raum stellte: Eine Regierung ohne FPÖ wird in Kürze schon unmöglich sein, und man täte der Republik Gutes, wenn man das befreundete Ausland, insbesondere in den europäischen Parteienfamilien von Rot und Schwarz, darauf vorbereitete. Mit der Anti-Waldheim-Strategie von 1986 und der Anti-Schüssel/Haider-Kampagne von anno 2000 – beides ja aus Österreich selbst über das Ausland initiiert – wird man es wohl nicht weit bringen. Nutznießer solcher AntiÖsterreich-Kampagnen könnten, ebenso wie jene der perpetuierten gegenwärtigen Koalitionskrise, wiederum nur die blauen Herausforderer sein. Schwere Zeiten also für die Spindoktoren von Rot und Schwarz.

One Response to Koalitions-Krisengewinnler

  1. Waltraut Kupf sagt:

    Ma muß auf der Hut sein. Die neueste Masche des Establishments scheint zu sein, daß man die Umfragen für die FPÖ besser darstellt als sie möglicherweise sind. Das soll einen Mobilisierungseffekt bei ihren Gegnern bewirken und hat auch schon bei der Bundespräsidentenwahl funktioniert.

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