Der liebe Gott als Wahlhelfer

Er werde „in Eurem Sinne“ entscheiden, verspricht Norbert Hofer auf seinen neuen Wahlplakaten und fügt hinzu: „So wahr mir Gott helfe“. Diese in unseren Tagen geradezu archaisch anmutende, uralte, christlich-abendländische Eidesformel ist nun zweifellos ein starkes Signal. Ein Signal für eine christliche Grundhaltung und eine letztlich spirituelle Legitimierung des eigenen politischen Handelns. Der für das höchste Staatsamt werbende Norbert Hofer will also nicht nur gegenüber dem Wähler verantwortlich sein, sondern auch gegenüber der letzten ethischen Instanz, dem Göttlichem also.

Ein kühner Anspruch, der zwar in früheren Zeiten zumindest für christlich orientierte und konservative Politiker selbstverständlich war, der dem freiheitlichen Kandidaten von zeitgeistig politisch korrekter Seite aber gewiss noch viel Häme einbringen wird. Für Agnostiker, wie es sein grüner Gegenkandidat sein dürfte und vor diesem das vormalige Staatsoberhaupt Heinz Fischer oder prominent und dezidiert Bruno Kreisky waren – für solche Agnostiker mag der Gottesbezug in der Politik geradezu grotesk sein. Nun mag diese Anrufung des Allmächtigen bis vor einigen Jahrzehnten bei christkonservativen Politikern von CSU bis ÖVP, bei republikanischen Senatoren in den USA  und bei zu krönenden Häuptern im alten Europa noch gang und gäbe gewesen sein, heute mutet sie merkwürdig altfränkisch an.

Wir entsinnen uns, vor rund einem Jahrzehnt war es die Debatte um die geplante europäische Verfassung beziehungsweise wie weit in dieser auf Gott repliziert werden sollte und die Bestellung des italienischen EU-Kommissars Buttiglione, eines konservativen Katholiken, der diesen Gottesbezug forderte, was die Gemüter erregte. Die geradezu fundamentalistisch-laizistisch eingestellte Polit-Fraktion hat sich damals auf europäischer Ebene bekanntlich durchgesetzt.

Die historischen Traditionen der Freiheitlichen sind bekanntlich auch sehr stark vom politischen Antiklerikalismus geprägt. Die alte Los-von-Rom-Bewegung des späten 19. Jahrhunderts gehört zu diesen freiheitlichen Traditionen. Die bis heute bestehende Aversion zwischen CVern und „Schlagenden“ darf auch nicht vergessen werden.

Wenn die Freiheitlichen des Heinz-Christian Strache sich als die letzten Kämpfer für ebendieses christliche Abendland hochstilisieren, betonen sie ja völlig zu Recht immer, dass dies keine Frage der Theologie, sondern eben der kulturellen Identität Österreichs und Europas insgesamt sei. Und Norbert Hofer selbst ist dem Vernehmen nach ja aus der Katholischen Kirche ausgetreten, um sich bei den Evangelischen einzuschreiben. Da mag sich nun mancher denken, dass der freiheitliche Präsidentschaftskandidat da aber vom Regen in die Traufe gekommen ist. Die protestantischen Gemeindeoberen machen aus ihrer FPÖ-kritischen Haltung nämlich zumeist genausowenig ein Geheimnis wie die katholischen Kirchenfürsten. Da ist zwischen dem Wiener Kardinal Schönborn und dem evangelischen Landesbischof Bünker kaum ein Unterschied. Und Letzterer hat mit dem gerade im 500. Jubiläumsjahr seines Thesenanschlags vielgescholtenen Martin Luther ja ohnedies allenfalls noch die Leibesfülle gemeinsam, als Kämpfer für das christliche Abendland wird man ihn aber wohl kaum bezeichnen dürfen.

So könnte Norbert Hofer mit dem lieben Gott in der Endphase des Präsidentschaftswahlkampfes ziemlich alleine bleiben. Den lieben Gott wird es kaum stören und Norbert Hofer vielleicht auch nicht, wenn, ja wenn, jene österreichischen Wahlbürger, denen das Christentum – sei es katholisch oder evangelisch – noch etwas bedeutet, dieses Signal aufnehmen und verstehen. Irgendwo wird dieser so lange andauernde Wahlkampf paradoxerweise nun auch noch ein Lackmustest, wie weit Österreich noch ein christlich fundiertes Land ist und ob es den „Getauften“ des Landes völlig egal ist, ob sie an höchster Stelle von einem Agnostiker oder einem bekennenden Christen repräsentiert werden

One Response to Der liebe Gott als Wahlhelfer

  1. Waltraut Kupf sagt:

    Da alles im Umbruch ist und sich die Verhältnisse so entwickeln, daß man geneigt ist, den Diabolos dahinter zu vermuten, ist das Christentum ein Silberstreif am Horizont. Die immerwährende Berufung auf das antiklerikale Jahr 1848 beginnt anachronistisch zu werden. Ob nun im Bekenntnis zum Christentum mehr Metaphysisches bzw. Religiöses enthalten ist oder hauptsächlich die abendländische Kultur im weitesten Sinne ist nicht so wichtig. Das Gebot der Stunde ist es, die Islamisierung hintanzuhalten, aber auch die masonische Doktrin der Völker- bzw. Rassenvermischung, deren Kampf gegen die christliche Religion und das Programm zur Bevölkerungsdezimierung (keine Verschwörungstheorie) und das teuflische Vorschützen von Humanität und Toleranz, wobei gleichzeitig das Gegenteil praktiziert wird. Was Hofer betrifft: die meisten Leute nehmen ihm die Ehrlichkeit seiner Überzeugung ab. Die generiert jene Kraft, die gegen die masonische Heimat- und Toleranz-Camouflage des anderen Kandidaten zumindest eine reelle Chance hat.

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