Wirklich nur ­Verschwörungstheorien?

Absurde Verschwörungstheorien seien es, wenn man mutmaße, es könnte bei der Briefwahl nicht völlig mit rechten Dingen
zugegangen sein, hieß es am Tag nach der Stichwahl zum höchsten Staatsamt der Alpenrepublik. Und als der freiheitliche Kandidat Norbert Hofer angesichts der Tatsache, dass das Ergebnis vom Wahltag durch die Briefwahlstimmen umgedreht wurde, meinte, es werde „schon ein wenig eigenartig ausgezählt bei den Briefwahlstimmen“, war das für seine politischen Gegner der Beleg, dass hier Verschwörungstheoretiker am Werk seien. Und wenn nunmehr angesichts der Wahlverschiebung da oder dort Mutmaßungen in den Raum gestellt werden, dass das politische Establishment, also nahezu alle politisch-medialen Kräfte jenseits der FPÖ – mit Ausnahme der sich offiziell vorsichtig bedeckt haltenden ÖVP-Spitze – den Zeitfaktor tunlichst für sich zu nutzen gedenken, wird das ebenso als groteske Verschwörungstheorie abgetan. Immer würden sich diese rechten Fundamentaloppositionellen als Opfer von medialer Manipulation und politischer Machination hinstellen, um larmoyant an das Mitleid ihrer Wähler zu appellieren.
Nun wurde zwar bei der ersten Stichwahl ganz offenbar doch ein bisschen „seltsam ausgezählt“, wie dies Norbert Hofer selbst bezeichnete. Der durchgängig rot-schwarz besetzte Verfassungsgerichtshof – Orbán und Kaczynski lassen übrigens grüßen mit ihren parteipolitisch gegängelten Höchstgerichten – fand es sogar angebracht, den Wahlgang aufzuheben, da offenbar massenhaft Gelegenheit bestand zu dieser Art von „seltsamer Auszählung“. Ob sie tatsächlich stattfand, wurde gar nicht überprüft. Und der Hinweis des Verfassungsgerichtsspruchs, dass es dafür auch keine Anzeichen gäbe, war nicht mehr als eine relativierende Freundlichkeit gegenüber dem unterlegenen Establishment-Kandidaten. Die Möglichkeit zur „seltsamen Auszählung“ hat laut Verfassungsgerichtshof massenhaft bestanden und niemand kann redlicherweise behaupten, dass eine solche nicht auch stattgefunden hat.
Soviel zur ersten, zitierten Verschwörungstheorie.Und was nun die Wahlwiederholung beziehungsweise deren Verschiebung betrifft, so grenzen die dafür gebrachten Argumente schon ans absolut Lächerliche: Der Kleber des Kuverts könnte massenhaft versagen, wobei es allerdings nur im Fall von einigen hundert Exemplaren real überprüft wurde. Und nunmehr muss man den Druck dieser Kuverts gar auch noch EU-konform ausschreiben, was ja Monate dauert. Gemeinsam mit der Neuerstellung des Wählerregisters – rechtlich auch ein bedenklicher Vorgang, da es sich nunmehr um ein anderes Elektorat handelt als beim ersten Wahlgang – würden diese beiden Faktoren eine monatelange Verzögerung der neuerlichen Stichwahl bedingen. Immerhin nahezu ein halbes Jahr nach der Aufhebung des Wahlgangs durch den Verfassungsgerichtshof.
Dabei hat das Höchstgericht davon gesprochen, dass die Wahl ehestmöglich zu wiederholen sei. In anderen Ländern geht dies in einer Zwei-­Wochen-Frist und da ist von einer EU-konformen Ausschreibung irgendwelcher Formulare und einem umständlich zu reparierendem Wählerregister keinerlei Rede. In Österreich sehr wohl.
Hier kommt der Verdacht auf, maßgebliche Strategen des etablierten Parteiensystems mit entsprechendem Einfluss auf die Entscheidungsträger in der Regierung könnten sich ausrechnen, dass ein möglichst später Wahlgang um die Weihnachtszeit doch für den Kandidaten des Establishments viel vorteilhafter wäre als ein frühherbstlicher Termin.
Im Dezember, wenn die Flüchtlingsströme längst versiegt sind, wenn die Regierung ihre restriktive neue Politik gegenüber der illegalen Massenmigration entsprechend kommuniziert hat, wenn die Umfragewerte für den freiheitlichen Herausforderer sukzessive zurückgegangen sind, weil sich Terrorangst, Integrationsprobleme und massenhafter Andrang an den Grenzen in den Medien kaum mehr finden, ja dann könnte ein solcher Wahlgang ein ganz anderes Ergebnis zeitigen.

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