Bösartige Kritiker des österreichischen Nationalcharakters – wenn es denn solche gibt – behaupten, dass die Volkstracht der Austriaken die Niedertracht sei und ihre hervorstechendste Eigenschaft der Neid. Das mag nun übertrieben sein, Tatsache ist allerdings, dass man hierzulande tatsächlich auf jeden Erfolg, auf jede hervorragende Leistung, auf jedes Glück, jedes Geschick neidisch ist. Und der Typus des Neiders findet sich durch alle Bevölkerungsgruppen, durch alle Berufe und Altersschichten.
Es gibt allerdings nur eine politische Partei, die dabei ist, aus diesem Neid ein politisches Programm zu machen: die heimische Sozialdemokratie. Die gute alte Tante SPÖ, die sich seit den Tagen Viktor Adlers und Otto Bauers als Arbeiterbewegung verstand, ist längst eine solche der Neider geworden. Die vermeintlich zu kurz gekommenen, die Glück- und Erfolglosen, sollen hier offenbar nach Ansicht der roten Wahlstrategen den Kern eines neuen Elaborats bilden, welches das einstige Proletariat zu ersetzen hat. Nicht nur die immer zahlreicher werdenden Angehörigen des neuen Prekariats, jener also, die von staatlichen Transferleistungen leben, fühlen sich hier angesprochen, sondern schlicht und einfach die Missgünstigen. Jene, die den Reichen den Reichtum, den Erfolgreichen ihren Erfolg, den Schönen ihre Schönheit und ganz global den Glücklichen ihr Glück neiden.
Nun wissen wir nicht, ob es tatsächlich ein entsprechendes Strategiepapier, Beschlüsse irgendwelcher roter Spin-Doktoren oder gar Abmachungen der Parteigranden gibt, die sich auf ein solches Konzept geeinigt hätten. Die Konzentration auf Reichensteuer, auf die Millionärsjagd und auf die Banken-Kriminalisierung lässt zumindest den Schluss zu, dass man mehr oder weniger bewusst auf den Neid als primäres Wahlmotiv zu setzen gewillt ist.
Gewiss, die SPÖ bleibt auch die Partei der letzten versprengten Linken und Alt-68er – soweit sie sich nicht bei den Grünen sammeln – sie vertritt die Masse jener Pensionisten, die auf ihre wohl erworbenen Rechte pochen und vor jeder Reform, vor jeder Veränderung Angst haben. Und sie vermag einen Teil jener Neo-Österreicher mit Migrationshintergrund anzusprechen, die das Gefühl hat, die SPÖ sei noch immer eine Vertretung für unterprivilegierte Schichten. Aber auch bei all diesen Wählergruppen ist der Neid auf die Erfolgreichen, auf die Besitzenden, auf die ach so bösen Reichen eine der primären Triebkräfte.
Beruhigt könnte man nunmehr meinen, auch das seien kaum mehr als dreißig Prozent. Weniger erfreut allerdings muss man schon feststellen, dass es eben für die stärkste Partei im Lande reichen dürfte. Der rote Spitzenkandidat Faymann, der zentrale Drahtzieher Häupl, Wahlkampfmanager Darabos und all die hochbezahlten Berater, die hinter der Kampagne stehen dürfen sich also freuen. Als österreichischer Patriot allerdings könnte man in Trübsinn verfallen, wenn der Neid tatsächlich zur politischen Haupttriebfeder im Lande werden sollte.
„Den“ Österreicher gibt es nicht. Ein Tiroler reagiert anders als ein Wiener.Ich spreche natürlich von bodenständigen Leuten und nicht zugereisten aus dem Osten.