Gerne und häufig hat man sich zur Zeit der frühen europäischen Integration in den 50er Jahren des vorigen Jahrhunderts auf das karolingische Reich Karls des Großen / Charles Magne bezogen. Die deutsch-französische Aussöhnung repräsentiert durch Staatsmänner wie Charles de Gaulle und Konrad Adenauer sollte den Kern des künftigen integrierten Europas bilden. Und nach einer nahezu tausendjährigen Erb-Feindschaft, die in zwei schrecklichen Weltkriegen gipfelte, in denen Deutsche und Franzosen gegeneinander standen, war das tatsächlich ein revolutionärer Ansatz.
Heute ist die Achse Paris – Berlin und die Kooperation zwischen Staatspräsident Sarkozy und Bundeskanzlerin Merkel die tragende Kraft Europas in den Zeiten der Krise. Wiewohl beide Spitzenpolitiker akut von der Abwahl bedroht sind, sind sie es, die eine Art deutsch-französisches Direktorium repräsentieren, welches in der EU jenseits aller Institutionen, jenseits des Vertrags von Lissabon das Reden hat. Und es in der Tat für alle Zukunfts-Szenarien der europäischen Integration undenkbar, auf diese deutsch-französische Achse zu verzichten.
Viele Kritiker meinen zwar, dass die deutsch-französische Freundschaft ein überinterpretiertes Konstrukt darstellt und eher ein Nebeneinander der beiden großen europäischen Völker existiert als ein Miteinander. Betrachtet man aber beispielsweise eines der großen Problemfelder der jüngeren Geschichte zwischen Frankreich und Deutschland, die Entwicklung des Elsass und Lothringens beispielsweise, so muss man doch konstatieren, dass es hier völlige Entspannung und Entkrampfung gegeben hat. Hin und her gerissen zwischen Deutschland und Frankreich seit nahezu 400 Jahren ist das Elsass, ist Lothringen, heute ein Territorium, das wirklich europäischen Charakter aufweist, in dem die Menschen zum Teil ihre regionale deutsch-bestimmte Kultur und Sprache leben können, auf der anderen Seite zweifelsfrei loyale Franzosen sind. Die zahllosen Deutschen topographischen Aufschriften beispielsweise in Straßburg und in den übrigen elsässischen Städten beweisen dies, der rege grenzüberschreitende Verkehr, der Austausch an Arbeitskräften, Informationen und Unterhaltung ebenso. Hass zwischen Deutschen und Franzosen gibt es gewiss nicht mehr, möglicherweise da und dort Unverständnis und nunmehr in Zeiten der Krise – gefährlicherweise – doch auch das Aufleben alter Vorurteile. Betrachtet man nur die Frage der Währungsunion, so muss man im Falle des Lösungsversuchs in Form einer geschrumpften Hartwährungszone aus konsequent ökonomischer Sicht feststellen, dass die Franzosen eigentlich nicht in der Lage sind, eine solche Hartwährungszone mitzutragen. Ebenso wenig wie die Italiener. Da blieben die Deutschen mit den Niederländern und den Luxemburgern, den Österreichern und vielleicht den Finnen alleine übrig. Wenn man aber im Zuge der europäischen Integration zwischen Deutsche und Franzosen eine neue Kluft auftut, wäre das wohl das Ende eines künftig wirklich vereinten Europas. Folglich müssen sich die Deutschen die Franzosen gewissermaßen „leisten“ können – um das Friedensprojekt Europa nicht zu gefährden. Und der einzige Weg, um diese währungs- und wirtschaftspolitische Bombe zu entschärfen, ist jener, den offenbar Nicolas Sarkozy einschlagen will: nämlich den Franzosen mehr deutsche Spargesinnung, deutsche Effizienz, deutsches Arbeitsethos beizubringen. Nur so könnte die Kluft langfristig geschlossen werden.
Europa muss also zwangsläufig auf so etwas wie eine deutsch-französische Erbfreundschaft setzen. Eine Erb-Freundschaft, im Zuge derer die Deutschen vorläufig einmal der ökonomisch bestimmende Teil sind, und die Franzosen der politisch-administrative. Der mehr oder minder offensichtliche Anspruch des Elysee-Palasts, in der Europäischen Union so etwas wie eine Führungsrolle zu spielen und die als Folge des Zweiten Weltkriegs und der NS-Zeit noch immer evidente Ängstlichkeit Deutschlands, nur ja nicht allzu dominant aufzutreten, könnten sich dabei vorläufig einmal optimal ergänzen. Auf die Dauer allerdings wird sich nicht verhindern lassen, dass die Zahler auch das Reden haben wollen und da ist dann diplomatisches Geschick und politische Größe gefragt.
Fraglich ist, ob die Franzosen es zulassen werden, den Zahlern, also den Deutschen, mehr politisches Gewicht zuzugestehen. Nicht nur, daß diesfalls der Stolz der „Grande Nation“ gekränkt würde, vielmehr käme aufgrund der dann entstehenden deutschen Dominanz die deutsch-französische Achse in eine schwere Existenzkrise.
Merkozy steht nicht für die beiden Völker. Diese Erbfeindschaft kann nicht durch Bussi-Bussi getilgt werden. Solange die Freiheitlichen vom „Vereinigten Europa“ faseln, sind sie auch nicht wählbar.RAUS aus der EU und Grenzen zu. 😯