Deutsche Führung?!

Nun hat also Altkanzler Helmut Kohl und neben ihm auch der eher leichtgewichtige gegenwärtige deutsche Bundespräsident Christian Wulf kritische Worte gegenüber der Politik von Angela Merkel gefunden: Sie nehme die deutsche Führungsaufgabe für Europa nicht wirklich wahr und ihr außenpolitischer Kurs sei schlicht und einfach nicht wirklich erkennbar. Sowohl in der Eurokrise, in Sachen Neuorientierung der Atom- und Energiepolitik, aber auch im Libyen-Konflikt habe Merkel die deutsche Verantwortung nicht entsprechend erkannt. Als stärkstes Land innerhalb der Europäischen Union – so der allgemeine Tenor der politischen Wortspender – habe Deutschland eben nunmehr auch seine Führungsverantwortung wahrzunehmen.

An diesen Aussagen ist nur richtig, dass Deutschland wirtschaftlich zweifellos der stärkste Faktor innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ist. Der einzige Faktor, dessen Kraft es bisher ermöglichte, all die Rettungsaktionen, all die unglaublichen Zahlungen an Griechenland und andere Pleiteländer zu stemmen. Was aber die sogenannte Führungsaufgabe Deutschlands betrifft, wird mit doppelter Zunge gesprochen: Wenn man etwa Frankreichs oder Englands Führungsaufgaben in Europa zitiert, so geht man stets davon aus, dass diese beiden Länder eben im besonderen Maße in der Lage sind, ihre Interessen, französische Interessen eben, britische Interessen in der europäischen Politik oder in der Weltpolitik durchzusetzen. Französische Führung bedeutet für Nicolas Sarkozy zweifellos, dass er beispielsweise die europäische Politik im Sinne französischer Vorstellungen dominiert. Und das gleiche gilt natürlich für die Politik Londons.

Wenn man hingegen von der deutschen Verantwortung spricht und davon, dass Berlin endlich als stärkster Faktor innerhalb der Europäischen Union die Führung übernehmen müsse, dann gehen alle Wortspender und alle an der Diskussion beteiligten davon aus, dass Deutschland im Sinne Europas seine Interessen preiszugeben habe. Dass es alle Lasten auf sich nehmen müsse und alle Milliardenzahlungen tätigen solle. Niemand, nicht der Kommissionspräsident Barroso, nicht der Ratspräsident Van Rompuy, nicht die britische Staatsführung und nicht die französische, aber auch keineswegs deutsche Stimmen wie Helmut Kohl und Christian Wulff würden dabei meinen, dass deutsche Führung in Europa bedeuten solle, dass Berlin die deutschen Interessen in den Mittelpunkt der europäischen Politik zu stellen habe. Niemand.

Und deshalb ist in dieser Auseinandersetzung auch Angela Merkl Recht zu geben. Sie zögert, etwa in Hinblick auf die Einführung von Eurobonds, nicht deswegen weil sie vor einer deutschen Führungsrolle zurückschrecken würde. Sie zögert aus dem Grund, weil sie weiß, dass dies einmal mehr eine unglaubliche Belastung für die Deutschen und für die deutsche Volkswirtschaft bedeuten würde. Sie weiß genau, dass die Mahnrufe, doch eine europäische Führungsaufgabe wahrzunehmen, nur bedeuten sollen, dass die Deutschen einmal mehr und einmal mehr zahlen sollten.

Helmut Kohl ist ein Greis. Und die eher zufällige Rolle in die er hinein gerutscht ist, nämlich Kanzler der Wiedervereinigung zu sein, sollte nicht den Blick darauf verstellen, dass er selbst keineswegs auf diese hingearbeitet hat, sondern allenfalls aus der damaligen Situation das Beste machte. Und sie soll keineswegs darüber hinweg täuschen, dass Helmut Kohl als Preis für diese Wiedervereinigung die starke D-Mark auf dem europäischen Altar geopfert hat. Nicht zuletzt Kohl ist einer der Väter des Euro, wie wir ihn heute kennen, von dem wir wissen, dass er gescheitert ist. Und Helmut Kohl war immer ein Vertreter jener National-Masochisten, die bereit waren, deutsches Nationalbewusstsein und deutsche Interessen mit fliegenden Fahnen zugunsten eines fiktiven europäischen Bewusstseins und ebenso fiktiver europäischer Interessen preiszugeben.

Angela Merkl mag zögerlich sein. Sie mag auch unsicher und widersprüchlich agieren, etwa im Falle Lybiens. Aber irgendwo hat man den Eindruck, dass sie doch die Verpflichtung empfindet, deutsche Interessen zu wahren und sei es nur, um in der Wählergunst nicht vollends abzusacken. Der Schön- und-Dünn-Redner Christian Wulff und der mäkelnde Greis Helmut Kohl sind offenbar von derlei Überlegungen völlig unbeeinflusst. Und wahrscheinlich sind sie nur die ersten, die in jenen gesamteuropäischen Chor einstimmen, der die Auflage von Eurobonds als „deutsche Verantwortung“ und „deutsche Führungsrolle“ interpretieren.

Irgendwie erinnert die europäische Melkkuh Deutschland an die gegenwärtig viel zitierte Kuh Yvonne: Um dem Schlachter zu entkommen, muss sie in den Wald fliehen. Um der Ausbeutung durch Eurobonds und andere Maßnahmen der „europäischen Verantwortung“ zu entgehen, muss die deutsche Volkswirtschaft offenbar in die Verweigerung fliehen.

2 Responses to Deutsche Führung?!

  1. Bloody Mary sagt:

    Die Deutschen sind keine Deutschen mehr. Vergeßt diese Türkei auf europäischem Boden. BRD= Banditen regieren Deutschland. :mrgreen:

  2. dies irae sagt:

    Frau M. um ein „e“ schlanker zu machen, ist auch kein tauglicher Versuch, den Deutschen wieder auf die Beine zu helfen. Leider. BRD = bodenkriechendes rückgratloses Deutschland…

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