Von 1912 bis 2011, nahezu ein Jahrhundert also, hat Otto von Habsburg gelebt. Eine Persönlichkeit, die tief in der alt-österreichischen Geschichte wurzelte, die noch auf den Knien von Kaiser Franz Josef geschaukelt wurde und deren Lebensspanne bis weit in das 21. Jahrhundert hinein reichte. Ein Zeitzeuge einer Vielzahl von Epochen, insbesondere des für Österreich so schwierigen 20. Jahrhunderts. Und obwohl er der Erbe eines Versunkenen und einer abgedankten Familie war, vermochte er es aus einer schier hoffungslosen Position – Regent zu werden in einem der alten habsburgischen Lande schaffte er niemals – seine Epoche mitzuprägen. Und natürlich war dieser Sohn des letzten österreichischen Kaisers auch eine historisch ambivalente Gestalt. Seine vor dem Zweiten Weltkrieg getätigten Bemühungen um jeden Preis – gleich welchen auch immer – doch noch irgendwo die Monarchie zu restituieren waren eine Seite seiner politischen Existenz, seine europäische Karriere nach 1945, insbesondere seine Funktion im Zuge des Zusammenwachsens von Ost- und Westeuropa nach dem Fall der Berliner Mauer, eine andere Sache. Beeindruckend als Persönlichkeit war Otto von Habsburg jedenfalls dann als reifer Mann, wenn nicht gar als alter Mann. Umfassendes Wissen, abgeklärte Toleranz und Verständnis für die Völker Europas, für die verschiedensten politischen Gruppierungen waren die Eigenheiten, durch die er uns beeindruckte. Auch gegenüber Österreichs national-freiheitlichem Lager zeigte er weit größeres Verständnis, weit mehr Toleranz als es sonst Vertreter des politischen Establishments taten und als es die Geschichte der letzten Jahrzehnte der Habsburger Monarchie vermuten hätten lassen.
Wie auch immer. Einer der letzten großen Zeugen der österreichischen Geschichte ist abgetreten. Und überhaupt treten die Vertreter der Erlebens- und Erleidens-Generation nunmehr endgültig ab. Franz Olah, der von der roten Sorte Österreichs Geschichte in all ihrer Schwierigkeit mitprägte, ist tot. Hans Dichand, der als Journalist ebenso von der Ersten Republik bis herauf ins 21. Jahrhundert Beobachter und Analytiker dieser österreichischen Geschichte war, ist verstorben. Aus dem deutsch-national-freiheitlichen Eck ist es nur noch Otto Scrinzi, der als ein solcher Jahrhundert-Zeitzeuge lebt. Und auch er ist schon um die Mitte Neunzig.
Wenn man die Herkunft, die politische Prägung, das Wirken letztlich insgesamt den politisch-menschlichen Lebensweg der drei genannten Persönlichkeiten verfolgt, sieht man zwangsläufig in erster Linie die Gegensätze. Als Teile der politischen Lager die sie repräsentierten standen sie in scheinbar unversöhnlichen Fronten gegeneinander. In den letzten Jahrzehnten ihres Lebens jedoch waren gerade Habsburg, Olah und Scrinzi Versöhner. Sie standen für Verständnis und gegen Ausgrenzung. Und das vielleicht nicht nur aufgrund der Abgeklärtheit des Alters, sondern eben wegen des leidvollen Erlebens, das sie hinter sich hatten. Österreich brauchte solche Persönlichkeiten, um über den Hass der 30-er und 40-er Jahre hinweg kommen zu können. Österreich benötigte sie, um das auseinanderklaffen der Geschichtsbilder einigermaßen zu heilen. Das war ihre große Funktion und damit wurden sie zu Zeugen nicht nur der leidvollen antagonistischen Geschichte, sondern auch der österreichischen Kunst, der wahren rot-weiß-roten Größen, der Toleranz des Ausgleichs und des Humanismus.
Ob es solche Gestalten in den nachfolgenden Generationen auch noch gibt, ist nicht so leicht zu beantworten. Man kann über die gegenwärtigen politischen Akteure und auch über die bereits abgetretenen Vertreter der Nachkriegsgenerationen noch kein abschließendes Urteil sprechen. Werden sie weiter Vertreter des Parteienstreits und des Gezänks bleiben oder letztlich zu einer übergeordneten Haltung heranreifen, vielleicht erst in den letzten Lebensjahren? Die Chance auf zunehmende Langlebigkeit gilt ja auch für die Politik und damit die Möglichkeit noch zu entsprechender Größe und Weisheit zu reifen.
Was die historische Zeugenschaft der drei genannten großen alten Männer betrifft, ist eigentlich alles aufs beste dokumentiert. Von frühen Filmaufnahmen bis hin zu lückenlosen Dokumentation wie wir sie heute im Internet finden ist alles vorhanden. Allein die Tabus im Bezug auf die jüngere Geschichte bleiben natürlich aufrecht, die Schwarz-Weiß-Malerei, die Kategorisierung in Gut und Böse, in Sieger und Verlierer, zumindest was die beiden Weltkriege betrifft, ebenso. Das reicht von der Frage ob jetzt Altösterreich für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs wirklich verantwortlich war bis hin zur Rolle Otto von Habsburgs im Frühjahr 1938 und letztendlich zur Frage, ob Österreich nach 1945 befreit oder besetzt wurde. Hier bestehen trotz besten Informations- und Forschungsstandes weiter Denkverbote, Tabus und politisch-korrekte Sprachregelungen. Daran hat auch das Wirken und die Zeitzeugenschaft von Jahrhundert-Persönlichkeiten wie der drei Genannten nichts geändert. Historisierung, wie sie etwa im Bereich der französischen Gesellschaft im Bezug auf die napoleonische Zeit längst stattgefunden hat, wird es im Bezug auf diese historischen Schlüsselbereiche wohl kaum in absehbarer Zeit geben. Vielmehr stehen wir mitten in einer Phase der Moralisierung dieser Frage. Der volkspädagogische Ansatz überwiegt den historischen. Aber so ist es nun einmal.
Es ist schon beeindruckend wenn man darüber nachdenkt was Otto von Habsburg während seines Lebens alles gesehen und erlebt hat. Respekt vor diesem Mann, der für uns Österreicher noch irgendwo das Bindeglied zur alten Größe Österreichs während der Monarchie darstellte.
Schade, genau jetzt wo der „Habsburger-Paragraph“ gefallen ist verstirbt Otto von Habsburg. Wäre interessant zu sehen gewesen was passiert wäre, wenn dieser Paragraph schon früher aufgehoben worden wäre.
auf ein wichtiges detail wurde NIRGENDS erwähnt : die habsburger waren die auslöser des WK1 ! als ursache / auslöser war der mordanschlag in sarajewo . kaiser franz-joseph hat ohne grössere dipl. interventionen serbien bestrafen wollen & damit die schutzmacht england alarmiert …….den rest bitte nachlesen . es endete mit mio. toten , den verlust von südtirol ( hauptschuld = die glazleistung unserer offiziere zu kriegsende – stichwort “ kampfloser rückzug “ ) , und der kronländer . das einzige was wir erbten & noch ewig daran beissen werden : unsere “ hervorragend aufgestellte beamtenschaft “ & deren privilegien .