Nun hat das Europäische Parlament in der vergangenen Woche das sogenannte „SWIFT-Abkommen“ beschlossen. Nachdem es im Februar dagegen war, den US-Amerikanern unbeschränkten Zugang zu den Daten europäischer Bürger zu geben und diese Daten noch dazu über Jahre zu speichern, um sie im angeblichen Kampf gegen den Terrorismus zu nützen, ist nun ein modifiziertes Abkommen mit den USA im EU-Parlament ratifiziert worden. Angeblich wurden dabei datenschutzrechtliche Bedenken und die Bürgerrechte der Europäer im verstärkten Maße berücksichtigt. Angeblich aber nur. In Wahrheit haben die Amerikaner über ihre Einflussmöglichkeiten gegenüber den europäischen Regierungen dafür gesorgt, dass das Straßburger Parlament, organisiert in den großen Fraktionen der Christdemokraten und der Sozialisten, das Ganze doch absegnet haben.
Nun ist der Kampf gegen den Terrorismus, insbesondere jenen islamistischer Provenienz, ein durchaus legitimes Unterfangen, das auch wir absolut unterstützen sollten. Leider aber werden die Daten von den diversen Staatsschutzbehörden und Geheimdiensten keineswegs immer widmungsgemäß genutzt, sie dienen vielmehr auch zur Überwachung nonkonformistischer Bürger und politisch nicht korrekter Parteien und Bewegungen. Wenn die Europäische Union zunehmend zum Überwachungsstaat wird – auch hier angeblich im Kampf gegen organisiertes Verbrechen und Terrorismus – dann läuft man Gefahr als „gläserner Menschen“ in allen Belangen kontrolliert zu werden. Dass diese Kontrolle dann nicht nur über Wien und Brüssel, sondern womöglich noch über Washington und den CIA erfolgt, ist keineswegs erfreulich.
Genauso wenig erfreulich ist, dass die Amerikaner weiterhin beinhart ihre geostrategischen Interessen gegenüber den Europäern, ja sogar innerhalb der EU vertreten. So hat US-Präsident Obama erst jüngst wieder in einem Medien-Interview erklärt, dass die Türkei unbedingt EU-Mitglied werden müsse. Ganz so, als würde das er entscheiden und nicht die Bürger der Europäischen Union und die europäischen Nationen. Wir wissen natürlich alle, dass die Türkei sich zunehmend vom europäischen Geist und europäischen Werten entfernt. Die Islamisierung schreitet voran, Demokratie und Rechtsstaat sind den Osmanen zunehmend fremd und man hat das Gefühl, dass Ankara gar nicht mehr so sehr in die Europäische Union will. Die US-Amerikaner indessen wollen um jeden Preis dafür sorgen, dass ihr Festlands-Degen, ihr NATO-Partner Türkei durch die Europäer finanziert und gewissermaßen demokratisch eingebunden wird. Auch hier geht es ausschließlich um US-amerikanische Interessen, die mit den europäischen nicht wirklich kompatibel sind.
All dieses jammern über die brutale Durchsetzung der US-amerikanischen Interessen auch uns gegenüber nützt allerdings nichts. Wir dürfen eben nicht vergessen, dass die USA nach dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch des Sowjet-Kommunismus die einzig verbliebene Supermacht auf diesem Planeten ist, die sowohl militärisch immer und überall in der Lage ist, ihre Interessen durchzusetzen, als auch ökonomisch und politisch. Die freundliche und vordergründig charismatische politische Maske des neuen US-Präsidenten Obama, die Tatsache dass hier – politisch korrekt – ein Farbiger im Weißen Haus sitzt, kann nämlich keineswegs darüber hinweg täuschen, dass die USA nach wie vor harte und kompromisslose Weltmachtpolitik betreiben. Natürlich will sie Partner, die ihr alle Daten zur Verfügung stellen, um Feinde der US-Politik auszuforschen und eliminieren zu können. Und natürlich will sie ebenso willfährige Partner, die ihren wirtschafts- und finanzpolitischen Interessen entgegen kommen. Die USA und ihr politisch-industrieller Komplex, die an der US-Ostküste und in Hollywood angesiedelte Medienmacht und die Wallstreet, sie haben in den letzten 20 Jahren seit dem Zusammenbruch des Kommunismus nirgendwo und niemals erkennen lassen, dass sie ihren Anspruch auf absolute Weltherrschaft aufzugeben bereit wären. Nur wir vergessen dies bisweilen und wundern uns dann, wie kompromisslos Washington seine Interessen durchsetzt. Die Europäische Union verhält sich da gegenüber der US-Weltmacht so wie das spät-hellenistische Griechenland gegenüber der aufstrebenden römischen Republik: Hier der Geist und dort die Macht. Hier zunehmend dekadente Kultur und dort das Geld und das Herrschaftsdenken.
man möchte meinen, dass die EU als solche einen Verband darstellt, der gegenüber einer Supermacht wie der USA zumindest „gleichgestellt“ ist. Doch anscheinend hat Präsident Obama uns alle in der Hand. Ich würde es begrüßen, wenn die EU sich weniger vom weißen Haus beeinflussen lassen würde, und mehr von den Bürgern der Union.